Im September 2018 hat die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ ihre Arbeit aufgenommen. Zu den Handlungszielen gehört unter anderem, die Gesundheit und Teilhabe im Alter zu stärken. Dies ist ein zentrales Anliegen der Politik, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des demografischen Wandels.
Natürlich liegt die Verantwortung für die persönliche Gesundheit zunächst und vorrangig beim Einzelnen selbst. Aber das Altern hängt nicht nur vom „wie“ ab, also von den persönlichen Verhaltens- und Lebensweisen. Es kommt auch darauf an, „wo“ man altert, also in welchem Umfeld.
So zeigt beispielsweise eine Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung von 2017, dass es zwischen einzelnen Regionen und gesellschaftlichen Schichten nach wie vor maßgebliche Unterschiede gibt. In Deutschland haben neugeborene Jungen im Landkreis Starnberg eine um acht Jahre höhere Lebenserwartung als im Landkreis Pirmasens.
Nach dem Deutschen Alterssurvey haben gut zwei Drittel der Menschen in der zweiten Lebenshälfte eine gute funktionale Gesundheit. Das ist ein Gewinn für jedes Individuum, aber auch für die Gesellschaft, weil weiterhin gesellschaftlich relevante Aktivitäten möglich sind, etwa bürgerschaftliches Engagement. Und je weniger und später Unterstützungsbedarf entsteht, desto weniger Kosten fallen im Gesundheits- und Pflegesystem an.
Der Siebte Altenbericht der Bundesregierung aus der letzten Legislaturperiode hebt hervor, dass die große Chance, länger aktiv zu leben, gleichzeitig die Verpflichtung und Verantwortung beinhaltet, die eigene Selbstständigkeit lange zu erhalten. Wir brauchen die gesellschaftliche Teilhabe und Mitwirkung der älteren Menschen. Und die ist sehr unterschiedlich; sie hängt eng zusammen mit der Lebens- und Bildungsbiografie.
Wichtig sind unter anderem sogenannte „Übergangsfortbildungen“, etwa als Vorbereitung auf den Übergang in die nachberufliche Lebensphase. Die unterschiedlichen Lebenslagen im Alter fordern über die bewährten Bildungsangebote hinaus neue, weitere nonformale und informelle Lernortsettings jenseits der schulischen Bildung und der beruflichen Weiterbildung sowie eigene Themen und Formate. Es geht um Empowerment für ältere Menschen. Denn wer heute 60 ist, hat im Durchschnitt oft noch 20 gesunde Lebensjahre vor sich. Verbunden ist damit der Wunsch, auch im Alter aktiv und selbstständig leben und an der Gesellschaft teilhaben und mitbestimmen zu können.
Ob es gelingt, Kompetenzen zu erhalten oder auch neue zu erwerben, hat viel mit dem Selbstwertgefühl des Menschen zu tun. Zudem ist der Blick auf das Alter und Altern wichtig. Sortiert die Gesellschaft mich oder sortiere sogar ich mich selbst mit dem Erreichen einer bestimmten Altersgrenze aus dem Kreis der Aktiven aus? Gehöre ich mit dem Eintritt in die Nacherwerbsphase zum „alten Eisen“ oder steckt in mir noch jede Menge „Edelmetall“? Der Sechste Altenbericht in der vorletzten Legislaturperiode hat die Wichtigkeit von differenzierten und realistischen Altersbildern herausgearbeitet, ganz besonders als Grundlage für die Entwicklungsperspektiven unserer Gesellschaft. Die Älteren und Alten werden gebraucht – in ganz vielen Bereichen, angefangen bei der Familie bis hin zu Nachbarschaften, Vereinen und der Wirtschaft, wo viele „Silberrücken“ dazu beitragen, den heutigen Fachkräftemangel zu mildern. Fitte und aktive Alte sind darüber hinaus ein großer Wirtschaftsfaktor. Sich einzubringen tut den älteren Menschen gut, und das tut der Gesellschaft gut.
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) eröffnet vielfältige Möglichkeiten, das Leben im Alter aktiv zu gestalten. Das gilt vor allem für die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements. Zu nennen sind hier die Mehrgenerationenhäuser und die vielen Seniorenorganisationen und Seniorenbüros, die in der Bundesarbeitsgemeinschaft Seniorenorganisationen e. V. (BAGSO) und der Bundesarbeitsgemeinschaft Seniorenbüros zusammengeschlossen sind, sowie die zahlreichen Freiwilligenagenturen auf lokaler Ebene. In rund 620 lokalen Bündnissen für Familien sind ältere Menschen ebenso aktiv wie in den mehr als 500 lokalen Allianzen für Menschen mit Demenz, in den Programmen „Aktion Zusammenwachsen“, „Aktiv im Alter“ und „Menschen stärken Menschen“. In dem Programm „Demokratie leben“ setzen sich Ältere für Demokratie ein und im Bundesfreiwilligendienst sind um die 400 Menschen über 65 Jahre aktiv.
Die aktivierende und präventive Funktion von Sport im Alter ist weithin bekannt. Das BMFSFJ arbeitet deshalb mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zusammen, unter anderem in Kombination mit lokalen Allianzen für Menschen mit Demenz.
Eine wichtige Rolle im Hinblick auf gesundes Alterns spielt das Wohnen, bezogen auf das Miteinander der Bewohnerinnen und Bewohner, aber auch auf starke und verbindliche Nachbarschaften und gegenseitige Unterstützung. Gemeinschaftliche Wohnformen stellen zudem einen wichtigen Ankerpunkt für den Aufbau informeller Hilfenetzwerke, ambulanter Versorgungsformen sowie zur (Re-)Aktivierung lokaler Versorgungsinfrastruktur dar, insbesondere in kleinen Orten und ländlichen Regionen.
Der neue, der Achte Altersbericht mit dem Titel „Ältere Menschen und Digitalisierung“ widmet sich den Themen Informations- und Kommunikationstechnologien sowie Digitalisierung. Die interdisziplinäre Sachverständigenkommission zur Erstellung des Berichts hat sich am 23. August 2018 konstituiert und soll ihn zum Ende 2019 vorlegen.
Bislang sind ältere Menschen beim Thema Digitalisierung weitgehend ausgeblendet. Das BMFSFJ hat deshalb mit der Servicestelle „Digitalisierung und Bildung für ältere Menschen“ bei der BAGSO eine bundesweit unterstützende Struktur geschaffen.
Gesundes Altern steht beim BMFSFJ ganz weit oben auf der Agenda. Vielleicht ist ein „neues“ Alter durch Technikunterstützung in greifbarer Nähe, weil sich ganz neue Möglichkeiten zur Gestaltung von Gesundheit, Autonomie, Partizipation und Bildung auftun und alte „Gewissheiten“ infrage zu stellen sind. Galt in früheren Zeiten der Spruch „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“, ist dem heute entgegenzusetzen, was der Leiter der Achten Altersberichtskommission, Prof. Dr. Andreas Kruse, so formuliert: „Es ist nie zu spät, den eigenen Lebensstil positiv zu verändern.“