- Pflegegrade statt Pflegestufen
Ab 1.1.2017 gibt es statt der drei Pflegestufen fünf Pflegegrade. Die Zuordnung zu einem Pflegegrad erfolgt auf Grundlage eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments (siehe "Neues Begutachtungsinstrument"):
Pflegebedürftigkeit liegt vor, wenn im Rahmen der Pflegebegutachtung ein Gesamtpunktwert von mindestens 12,5 Punkte festgestellt wird. Der Grad der Pflegebedürftigkeit bestimmt sich wie folgt:
Pflegegrad 1:
12,5 bis unter 27 Punkte (geringe Beeinträchtigung der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten)
Pflegegrad 2:
27 bis unter 47,5 Punkte (erhebliche Beeinträchtigung der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten)
Pflegegrad 3:
47,5 bis unter 70 Punkte (schwere Beeinträchtigung der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten)
Pflegegrad 4:
70 bis unter 90 Punkte (schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten)
Pflegegrad 5:
90 bis 100 Punkte (schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung)
Pflegebedürftige Kinder im Alter bis zu 18 Monaten werden pauschal einen Pflegegrad höher eingestuft.
Pflegebedürftige, die einen spezifischen, außergewöhnlich hohen personellen Unterstützungsbedarf mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung aufweisen, werden unabhängig vom Erreichen des Schwellenwertes von 90 Punkten dem Pflegegrad 5 zugeordnet. Diese sogenannte besondere Bedarfskonstellation liegt nur bei einer Gebrauchsunfähigkeit beider Arme und beider Beine vor.
- Neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff
Zum 1. Januar 2017 treten der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff und das damit einhergehende neue Begutachtungsverfahren aus dem zweiten Pflegestärkungsgesetz (PSG II) in Kraft. Pflegebedürftig sind zukünftig Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbstständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der für einzelne Pflegegrade festgelegten Schwere (siehe Begutachtungsinstrument) bestehen.
Pflegebedürftigkeit wird also nicht daran gemessen, wie schwer jemand erkrankt oder behindert ist. Ausschlaggebend ist vielmehr, wie stark der Betroffene in seiner Selbstständigkeit eingeschränkt ist. Im Mittelpunkt stehen folgende Fragen: Wie selbstständig ist der Mensch bei der Bewältigung seines Alltags? Was kann der Mensch noch alleine? Wobei benötigt er Unterstützung?
- Neues Begutachtungsinstrument
Bisher orientierte sich die Einstufung pflegebedürftiger Menschen vor allem an ihren körperlichen Defiziten. Ab 1.1.2017 ist der Grad der Beeinträchtigung der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten Maßstab für die Beurteilung. Die Begutachtung erfolgt auf Grundlage eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstrumentes, das in den Begutachtungs-Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes festgeschrieben ist. Diese Richtlinien sind für alle Gutachter verbindlich.
Im Rahmen der Begutachtung werden die Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit und der Fähigkeiten in sechs Bereichen erfasst, die für die Bewältigung des täglichen Lebens wesentlich sind. Diese sind:
- Mobilität
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
- Selbstversorgung
- Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen oder Belastungen
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Zu jedem Bereich werden im Rahmen der Begutachtung mehrere Einzelkriterien betrachtet. Für jedes Einzelkriterium werden Punkte vergeben. Die innerhalb eines Bereiches für die verschiedenen Kriterien vergebenen Punkte werden zusammengezählt und entsprechend ihrer Bedeutung für den Alltag gewichtet. Die gewichteten Punkte der Module werden dann zu einem Gesamtpunktwert addiert. Maximal können 100 Punkte erreicht werden. Pflegebedürftigkeit liegt ab einem Gesamtpunktwert von mindestens 12,5 Punkte vor (siehe "Pflegegrade").
- Leistungen in den fünf Pflegegraden
Ab 1.1.2017 werden pflegebedürftige Menschen einem von fünf Pflegegraden zugeordnet. Je höher der Pflegegrad, desto höher sind die Leistungen der Pflegeversicherung. Die Leistungsbeträge der Hauptleistungen staffeln sich wie folgt:
Pflegegrad 1:
Entlastungsbetrag ambulant (zweckgebunden): 125 €
Leistungsbetrag vollstationär: 125 €
Pflegegrad 2
Geldleistung ambulant: 316 €
Sachleistung ambulant: 689 €
Entlastungsbetrag ambulant (zweckgebunden): 125 €
Leistungsbetrag vollstationär: 770 €
Pflegegrad 3
Geldleistung ambulant: 545 €
Sachleistung ambulant: 1298 €
Entlastungsbetrag ambulant (zweckgebunden): 125 €
Leistungsbetrag vollstationär: 1262 €
Pflegegrad 4
Geldleistung ambulant: 728 €
Sachleistung ambulant: 1612 €
Entlastungsbetrag ambulant (zweckgebunden): 125 €
Leistungsbetrag vollstationär: 1775 €
Pflegegrad 5
Geldleistung ambulant: 901 €
Sachleistung ambulant: 1995 €
Entlastungsbetrag ambulant (zweckgebunden): 125 €
Leistungsbetrag vollstationär: 2005 €
Pflegebedürftige, die von einer Pflegestufe in einen Pflegegrad übergeleitet werden, erhalten Bestandsschutz (siehe "Besitzstandsschutz").
- Besitzstandsschutz
Pflegebedürftige, die von einer Pflegestufe in einen Pflegegrad übergeleitet werden (Bestandsfälle), erhalten einen umfangreichen Besitzstandsschutz. Es gilt: Niemand, der vorher schon Leistungen der Pflegeversicherung erhalten hat, soll künftig schlechter gestellt werden. Das heißt konkret: Alle, die bereits Leistungen der Pflegeversicherung erhalten, bekommen diese weiterhin mindestens in gleichem Umfang. Bei den meisten Betroffenen führt die Überleitung in die neuen Pflegegrade zu höheren Leistungen. Auch für Pflegebedürftige in vollstationärer Pflege wird sich der von ihnen zu tragende Eigenanteil für die pflegebedingten Kosten nicht erhöhen.
- Einrichtungseinheitlicher Eigenanteil (EEE)
Ab 1. Januar 2017 zahlen Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 innerhalb einer vollstationären Pflegeeinrichtung einen einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE), der unabhängig vom Pflegegrad ist. Damit wird erreicht, dass der von den Pflegebedürftigen zu tragende Eigenanteil nicht mehr mit der Schwere der Pflegebedürftigkeit steigt. Durch diese Umstellung vom individuellen Eigenanteil auf den einrichtungseinheitlichen Eigenanteil wird Sicherheit für die finanzielle Planung der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen geschaffen. Neben dem EEE sind weiterhin die Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie die Investitionskosten durch den Pflegebedürftigen zu tragen.
Den in einzelnen Pflegeeinrichtungen jeweils geltenden EEE finden Sie ab dem 1.1.2017 unter www.pflegelotse.de.
- Erhöhung der Beitragssätze
Um die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und die damit verbundenen Leistungsverbesserungen zu finanzieren, steigt der Beitragssatz der Pflegeversicherung zum 1. Januar 2017 um 0,2 Prozentpunkte auf 2,55 Prozent bzw. 2,8 Prozent für Kinderlose.
- Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für Pflegepersonen durch Pflegekassen
Ab dem 1. Januar 2017 ändern sich die Regelungen zur Rentenversicherung der Pflegepersonen und es werden mehr pflegende Menschen rentenversicherungspflichtig als bisher.
Die Pflegekasse zahlt Rentenversicherungsbeiträge für ehrenamtliche Pflegepersonen, wenn sie eine oder mehrere pflegebedürftige Personen mit dem Pflegegrad 2 bis 5 in häuslicher Umgebung mindestens zehn Stunden verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche pflegen. Die Höhe der Rentenbeitragszahlung ist abhängig von dem vorliegenden Pflegegrad sowie den Leistungen, die der Pflegebedürftige erhält. Die Pflegeperson darf daneben weiterhin nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich erwerbstätig sein.
Während der pflegerischen Tätigkeit sind Pflegepersonen beitragsfrei gesetzlich unfallversichert.
Ab dem 1. Januar 2017 zahlt die Pflegekasse Pflegepersonen Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, wenn sie unmittelbar vor Beginn der Pflegetätigkeit arbeitslosenversichert waren oder zuvor Leistungen der Agentur für Arbeit (z.B. Arbeitslosengeld) erhalten haben. Ausnahmeregelungen sind bei der jeweiligen Krankenkasse zu erfragen.