In Deutschland wurden im Jahr 2010 über 200.000 künstliche Hüftgelenke (HTEP) und fast 150.000 künstliche Kniegelenke (KTEP) implantiert (Erstimplantationen). Es ist daher nur konsequent, auch für Deutschland ein nationales Prothesenregister zu schaffen. Doch wo wird Deutschland im internationalen Vergleich stehen?
Die ersten Prothesenregister wurden in den skandinavischen Ländern eingeführt. Schweden begann bereits 1975 mit einem Register für künstliche Kniegelenke und 1979 für künstliche Hüftgelenke (Swedish National Hip Arthroplasty Register). Es folgten Finnland (1980), Norwegen (1987) und Dänemark (1995). Ende der 90er Jahre folgten die englischsprachigen Länder mit Neuseeland (1998), Australien (1999), Kanada (2000) und schließlich 2003 England und Wales. Frankreich führte vor fünf Jahren ein Register ein und stellt dieses Jahr erstmalig eine Auswertung vor.
In den USA besteht interessanterweise trotz jahrelanger Diskussion immer noch kein Register. Auch in den asiatischen Ländern sind mittelfristig keine Endoprothesenregister zu erwarten.
Eine der Aufgaben von Endoprothesenregistern neben der Erfassung der Standzeiten von Prothesen ist, eventuell gehäuft notwendige Wechseloperationen (Revisionsoperation) aufzuzeigen. Auch eine objektive Rückmeldung an die Leistungserbringer (Krankenhäuser/Operateure), Implantathersteller und Kostenträger kann dadurch gewährleistet werden.
Klinische Studien sind den Registern aufgrund niedriger Fallzahlen diesbezüglich meist unterlegen bzw. müssen in Zusammenhang mit Registerdaten beurteilt werden. So halbierte sich zum Beispiel in Schweden seit Einführung des Registers die Revisionsrate und Implantate mit „Performance-Schwäche“ konnten vom Markt genommen werden. Dies stellt natürlich vor allem eine Versorgungsverbesserung für die Versicherten dar, aber auch ein hohes Einsparpotenzial für die Kostenträger.
Die aktuell in der Presse behandelten Fälle von Metallabrieb bei Hüftprothesen mit Metall- Metall-Gleitpaarung (Kopfgröße ≥ 36 mm) und deren gehäufte Wechselnotwendigkeit sind im australischen und auch im englischen Register schon länger evident. Unter anderem mithilfe dieser Daten erging im März dieses Jahres dann auch eine allgemeine Warnung an Krankenhäuser und Hersteller. Produkte einer Firma wurden vom Markt genommen.
Weltweit große methodische Unterschiede
Eine eigene Meta-Analyse von nationalen Hüftendoprothesenregistern (siehe Abbildung) zeigte die Heterogenität der verschiedenen Register untereinander und macht einen direkten Vergleich nicht leicht. In Italien erfolgt zum Beispiel nur in der Region Emilia-Romagna systematisch eine Erfassung der Prothesenzahlen. Portugal erfasst nur 50 Prozent seiner Prothesenimplantationen und verdoppelt diese zur Datenveröffentlichung. Auch die Einteilung der Altersgruppen ist in den meisten Registern unterschiedlich. In Schweden werden 67 Prozent der Hüftendoprothesen zementiert, in Emilia-Romagna nur zwei Prozent.
Ein weiteres Ergebnis unserer Meta- Analyse ist, dass die jährlichen Ausgaben für das Gesundheitswesen interessanterweise nicht mit der Anzahl der Erstimplantationen von HTEPs zusammenhängen. So sind die Ausgaben des Gesundheitswesens pro Einwohner in Portugal und Neuseeland vergleichbar hoch, die Anzahl der Erstimplantationen unterscheidet sich aber um mehr als den Faktor 2 in allen Altersgruppen. Bezüglich der Standzeiten der Hüftendoprothesen zeigt sich aber insgesamt ein vergleichbar hoher Standard der untersuchten Länder.
Deutschland erfasst auch Einzelkomponenten
Die Besonderheit des deutschen Endoprothesenregisters besteht in seiner weltweit einmaligen Produktdatenbank. Hier sind alle relevanten Einzelkomponenten und deren Kombinationsmöglichkeiten hinterlegt. Bei Implantation einer Prothese wird jede Einzelkomponente digital erfasst und verschlüsselt dem Patienten zugeordnet. Auch notwendige Wechsel von Einzelkomponenten bei erneuten Operationen werden erfasst. Hierdurch lassen sich die Wechselgründe und Standzeiten bezüglich der Daten des Patienten, der Versorgung und Implantate voneinander abgrenzen, was bei anderen Registern so nicht möglich ist.
Aufgrund der hohen Anzahl von Implantationen künstlicher Hüft- und Kniegelenke mit vielen unterschiedlichen Implantaten in Deutschland sind relativ schnell repräsentative Zahlen und Daten für einen nationalen und internationalen Vergleich zu erwarten. Somit kann in Deutschland eine kontinuierliche und nachhaltige Verbesserung der Ergebnisqualität bei der Implantation von Endoprothesen erreicht und dies in internationalen Kontext gesetzt werden.