Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 22. Juni 2012 zur Bestechlich– oder Unbestechlichkeit von Ärzten wurde mit Spannung erwartet. Das ernüchternde Ergebnis: Die Pharmaindustrie darf niedergelassenen Ärzten weiterhin für das Verschreiben bestimmter Arzneien Geschenke offerieren. Doch nicht zuletzt im Interesse der Ärzteschaft selbst sollte Korruption auch für Ärzte strafbar sein.
Weder Ärzte noch Mitarbeiter der Pharmabranche machen sich mit so einem Verhalten strafbar. Die Begründung des BGH: Die Korruptionsparagrafen 299 und 334 im Strafgesetzbuch gelten nicht für Freiberufler, sondern nur für Angestellte oder Funktionsträger öffentlicher Behörden. Kassenärzte seien keine Amtsträger und auch keine „Beauftragten“ der Krankenkassen.
Eine Pharmareferentin hatte Schecks in Höhe von 18.000 Euro – getarnt als Honorar für wissenschaftliche Vorträge – an Kassenärzte für die Verschreibung bestimmter Produkte ihrer Pharmafirma gezahlt. Das klingt nach einem klaren Straftatbestand. Ist es aber nicht. Denn nach derzeitiger Rechtslage fehle es an einem entsprechenden Gesetz, so die Richter. Es sei Aufgabe des Gesetzgebers darüber zu befinden, ob „durch Schaffung entsprechender Straftatbestände eine effektive strafrechtliche Ahndung ermöglicht werden soll“.
Zur Klarstellung: Zwar ist nach dem Krankenversicherungsrecht und dem ärztlichen Berufsrecht Korruption eindeutig verboten. Es fehlen jedoch strafrechtliche Sanktionen. Ein klarer Auftrag an die Politik also, hier für gesetzgeberische Klarheit zu sorgen.
Es schadet auch den Ärzten und ihrem Image, wenn korruptes Verhalten straffrei bleibt.
Korruption und falsche Abrechnungen sind schon lange kein Kavaliersdelikt mehr. Schätzungen zufolge gehen dadurch jährlich Versichertengelder in Milliardenhöhe verloren; Geld, das sinnvollerweise für die medizinische Versorgung ausgegeben werden sollte. Hinzu kommt, dass die Qualität der Versorgung leidet, wenn Ärzte einen finanziellen Anreiz bekommen, nicht das für den Patienten am besten geeignete, sondern das für sie lukrativste Medikament zu verordnen.
Der Umgang mit Korruption offenbart letztendlich die jeweilige Einstellung zum System der solidarischen Krankenversicherung. Die von einzelnen Standesvertretern herangezogene Freiberuflichkeit quasi als Freibrief kann da kein Argument sein. Es schadet auch den Ärzten und ihrem Image, wenn korruptes Verhalten straffrei bleibt. Im Interesse aller sollte daher der Gesetzgeber diese Lücke schnellstens schließen. Dies könnte bereits im Patientenrechtegesetz geschehen.
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