Unabhängige Patientenberatung

Neu. Modern. Neutral.

Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) wird ab Beginn nächsten Jahres in neuer Trägerschaft der Sanvartis GmbH schrittweise weiter ausgebaut. Die Fördermittel erhöhen sich von 5,2 Millionen Euro auf neun Millionen Euro jährlich, die Laufzeit wird von fünf auf sieben Jahre verlängert. Von dem neuen, besser zugänglichen Angebot sollen mehr und auch schwer erreichbare Zielgruppen profitieren.

Alea iacta est – die Würfel sind gefallen. In den letzten Monaten ist viel Unruhe aufgekommen über die geplante Vergabe der aus Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) finanzierten UPD an die Sanvartis GmbH, insbesondere bei Patientenberatungsstellen, Selbsthilfeorganisationen und in der Politik. Es wurden teilweise gezielt Zweifel an der Neutralität und Unabhängigkeit der UPD gesät, um die Vergabeentscheidung über Öffentlichkeitsarbeit und politischen Druck zu beeinflussen. Das ist mehr als bedauerlich, da auf diese Weise viel Vertrauen in die zukünftige UPD zerstört wurde. Am Ende hat die Vergabekammer die Entscheidung für Sanvartis bestätigt. Die Neuvergabe der UPD-Fördermittel war notwendig, weil die gesetzlichen Vorgaben immer nur eine zeitlich befristete Vergabe dieser Mittel erlauben und die aktuelle Förderphase Ende 2015 ausläuft. Im Zuge des GKV-Finanzstruktur- und Qualitätsweiterentwicklungsgesetzes (GKV-FQWG) hat der Gesetzgeber den finanziellen Spielraum der UPD von 5,2 Millionen Euro auf neun Millionen Euro erhöht. Die private Krankenversicherung (PKV) beteiligt sich an der Finanzierung mit jährlich 630.000 Euro und übernimmt unter anderem die Kosten für die Finanzierung von Dolmetschern. Zudem wurde die Förderphase von fünf auf sieben Jahre verlängert. Die Absicht des Gesetzgebers war es vor allem, mit den aufgestockten Mitteln die telefonische Beratung und Erreichbarkeit zu verbessern. Aufgrund der attraktiven Rahmenbedingungen erwies sich die UPD für einen größeren Kreis von Anbietern als interessant, die festgelegte jährliche Fördersumme garantiert einen Qualitätswettbewerb.

Einvernehmliche Entscheidung

Nach einem europaweiten Ausschreibungsverfahren, das strengen Regeln unterliegt, wurde Mitte September 2015 der Auftrag für die nächste Förderphase der UPD offiziell vergeben. Die Entscheidung für Sanvartis wurde vom GKV-Spitzenverband einvernehmlich mit dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung unter beratender Beteiligung eines Beirats getroffen. Das Duisburger Unternehmen Sanvartis hat nun drei Monate Zeit, alles vorzubereiten, damit die neu gegründete UPD gGmbH am 2. Januar 2016 zunächst die telefonische Beratung übernehmen kann. Das vollständige Beratungsangebot wird ab 1. April 2016 zur Verfügung stehen.

Grundvoraussetzung für die Vergabe, da waren sich alle Beteiligten einig, ist der Nachweis der Neutralität und Unabhängigkeit der zukünftigen UPD. Dies bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Träger der UPD unabhängig sein muss oder keine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgen darf. An diesem Punkt gab es unterschiedliche Auffassungen. Einzelne Beiratsmitglieder, die jedoch nicht repräsentativ für den gesamten Beirat sind, sahen ein privates Unternehmen grundsätzlich als ungeeignet an. Diese Interpretation entspricht jedoch nicht dem Gesetzestext des § 65b SGB V. Vielmehr muss der Träger der UPD geeignete Strukturen schaffen, um die Neutralität und Unabhängigkeit der UPD zu gewährleisten. Sanvartis hat hierfür unter anderem einen Auditor vorgeschlagen. Dieser Auditor wird vom Beirat, der den Patientenbeauftragten und den GKV-Spitzenverband berät, eingesetzt und gesteuert. Er hat vollen Zugriff auf alle Unterlagen, Datenbanken, Gesprächsdokumentationen etc. Stellt der Auditor eine Verletzung der Neutralität und Unabhängigkeit fest, sind weitreichende Sanktionen vereinbart, bis hin zur vorzeitigen Beendigung des Vertrages. Damit hat der Beirat zukünftig weitaus mehr Einfluss auf die Neutralität und Unabhängigkeit als im bisherigen Verfahren.

Der Aufbau, die Struktur und Aufgaben der zu - künftigen UPD stellen sich wie folgt dar:

  • Die UPD wird eine gemeinnützige GmbH, Träger ist die Sanvartis GmbH.
  • Alle Mitarbeiter der UPD werden künftig bei dieser angestellt sein und nicht wie bisher bei den unterschiedlichen Trägern. Damit hat der Geschäftsführer mehr Möglichkeiten, einheitliche Qualitäts- und Beratungsstandards durchzusetzen, sowie eine direkte Entscheidungsbefugnis über seine Mitarbeiter.
  • Es wird 30 Beratungsstellen geben statt wie bisher 21. Die Beratungen sollen insbesondere in Räumlichkeiten der Volkshochschulen (VHS) und in Bürgerbüros angeboten werden.
  • Die telefonische Erreichbarkeit wird deutlich ausgeweitet. Die Hotline wird montags bis freitags von 8 bis 22 Uhr und samstags von 8 bis 18 Uhr erreichbar sein.
  • Es wird eine bundesweite Hotline eingerichtet, die nicht nur wie bisher aus dem Festnetz, sondern auch aus dem Mobilfunknetz erreichbar ist. Damit werden gerade vulnerable Zielgruppen besser erreicht.
  • Um jüngere und berufstätige, aber auch in ländlichen Bereichen wohnende oder mobil eingeschränkte Menschen besser zu erreichen, kann demnächst auch online über Chat, App und E-Mail beraten werden. Auch für hörbehinderte Menschen ist dies eine Verbesserung.
  • Drei UPD-Mobile werden insgesamt etwa 100 Städte regelmäßig anfahren und damit sehr viel mehr Menschen eine Face-to-Face- Beratung ermöglichen.
  • Für Menschen mit eingeschränkter Mobilität ist im Einzelfall auch eine aufsuchende Beratung durch das UPD-Mobil möglich.
  • Es wird ein fremdsprachliches Beratungsangebot in Türkisch und Russisch mittels der Hinzuziehung von Dolmetschern aufgebaut.
  • In der Summe sollen jährlich etwa 220.000 Menschen, anstatt wie bisher etwa 81.000 Menschen, durch 120 Mitarbeiter beraten werden. Umfassende Qualitätssicherungsmaßnahmen sollen gewährleisten, dass die hoch qualifizierten Berater (Ärzte, Rechtsanwälte, Psychologen, Apotheker, Pharmazeutisch-technische Assistenten, Medizinisch-technische Assistenten, Sozialfachangestellte etc.) evidenzbasiert, neutral und unabhängig beraten. Alle Mitarbeiter erhalten eine psychosoziale Schulung und lernen kulturelle Kompetenzen im Umgang mit Menschen aus anderen Kulturkreisen. Es wird Mystery Calls, Fallbesprechungsrunden, Side-by-Side-Monitoring und Coachings geben.

Darüber hinaus bleibt Bewährtes erhalten, wie  etwa der jährliche Bericht an den Patientenbeauftragten. Alles bisher aufgebaute Wissen wird an die neue UPD übergeben und muss in den nächsten sieben Jahren von der UPD weiter aufgebaut und auch an die nächsten Träger weitergereicht werden. Es wird wieder eine regelmäßige Evaluation mit sogenannten Hidden Client-Befragungen geben – diese wird in Kürze ausgeschrieben.  

Konstruktive Begleitung

Nun also ist Sanvartis gefordert, ihr sehr gutes Angebot in die Realität umzusetzen. Dafür braucht es sicherlich etwas Zeit, nicht alles wird auf Anhieb optimal funktionieren, sondern muss sich entwickeln. Dies war bei der jetzigen UPD nicht anders. Das Angebot selbst verspricht eine moderne und innovative Unabhängige Patientenberatung, die deutlich mehr Patienten als heute zugutekommen soll. Der Beirat, in dem auch der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) vertreten ist, wird die neue UPD dabei wie gewohnt kritisch und konstruktiv begleiten.

Weitere Artikel aus ersatzkasse magazin. 9./10.2015