Gebärmutterhalskrebs

Primäre und sekundäre Prävention

Illustration: Patientin mit Arzt, der Arzt hält einen Testbogen in der Hand.

Gebärmutterhalskrebs ist eine der häufigsten Krebsarten bei Frauen. Doch dank Früherkennungsmaßnahmen haben sich die Todesfälle seit den 80er Jahren mehr als halbiert. Zukünftig könnte neben dem Screening auf Gebärmutterhalskrebs ein seit 2006 zugelassener Impfstoff eine wichtige Rolle bei der Prävention spielen.

Der BARMER GEK Arztreport 2015 befasst sich in seinem Schwerpunktkapitel ausführlich mit dem Thema Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom). Der vorliegende Beitrag fasst die wesentlichen Ergebnisse mit Blick auf die primäre und sekundäre Prävention zusammen.

Gebärmutterhalskrebs zählt weltweit zu den häufigsten Krebsarten bei Frauen. Betroffen sind dabei jedoch insbesondere Frauen in weniger entwickelten Ländern. Nach Schätzungen der Krebsregister erkranken in Deutschland jährlich rund 5.000 Frauen neu an Gebärmutterhalskrebs, etwa 1.600 versterben daran pro Jahr. 1980 wurden noch 3.318 Todesfälle gezählt. Aktuell kommt dem Gebärmutterhalskrebs als Todesursache damit im Vergleich zu anderen Krebserkrankungen nur noch eine mittlere Bedeutung zu. Zur rückläufigen Zahl an Todesfällen dürfte maßgeblich das 1971 in der Bundesrepublik und ähnlich in der ehemaligen DDR eingeführte Screening auf Gebärmutterhalskrebs beigetragen haben.

Das Screening auf Gebärmutterhalskrebs ist in Deutschland die am häufigsten genutzte Früherkennungsuntersuchung bzw. sekundäre Präventionsmaßnahme. In den vergangenen Jahren nahm jährlich jeweils knapp die Hälfte aller anspruchsberechtigten Frauen im Alter ab 20 Jahren an dieser Untersuchung teil. Bezogen auf GKV-Versicherte entspricht dies gut 15 Millionen Teilnehmerinnen. Bei einer Befragung unter BARMER GEK-Versicherten im Jahr 2014 gaben 44 Prozent der Frauen im Alter zwischen 20 und 79 Jahren ausschließlich die Krebsfrüherkennung als Anlass für den Besuch einer Frauenarztpraxis innerhalb der vergangenen drei Jahre an. Das unterstreicht die Bedeutung der Früherkennungsmaßnahme auch für das Versorgungsgeschehen. Nach Auswertungen von Abrechnungsdaten ließ sich bei rund drei Vierteln aller anspruchsberechtigten Frauen innerhalb von fünf Jahren mindestens eine Screening-Untersuchung identifizieren. Im Alter zwischen 24 und 37 Jahren lag diese Rate oberhalb von 90 Prozent. Deutlich geringere Raten sind insbesondere in den höheren Altersgruppen zu beobachten. Diese waren jedoch zu einem wesentlichen Teil bereits von einer Gebärmutterentfernung – meist im Zusammenhang mit anderen Erkrankungen – betroffen. Danach ist ein Screening auf Gebärmutterhalskrebs oftmals nicht mehr indiziert. Von 37,8 Prozent der im Rahmen des Arztreportes befragten Frauen im Alter zwischen 70 und 80 Jahren wurde eine vorausgehende Gebärmutterentfernung angegeben.

Das Screening erfolgt in Deutschland bislang ohne eine geregelte Ansprache und ist damit als opportunistisches Screening zu bezeichnen. Im 2013 verabschiedeten Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz ist ein persönliches Einladungswesen – ähnlich wie für die Mammographie – auch für das Screening auf Gebärmutterhalskrebs vorgesehen, dessen Umsetzung aktuell diskutiert wird. Hierbei müssen u. a. auch zeitliche Abstände zwischen den Einladungen festgelegt werden. In anderen Ländern mit einem organisierten Screening werden Frauen zumeist nur in mehrjährigen Abständen zum Screening eingeladen. Unabhängig vom Abstand sollte das Einladungswesen zum Ziel haben, insbesondere diejenigen Frauen zu erreichen, die ansonsten nicht oder nur sehr unregelmäßig am Screening teilnehmen. Längerfristig andauernde Infektionen mit bestimmten Typen von humanen Papillomaviren (HPV) sind die relevantesten Risikofaktoren für Gebärmutterhalskrebserkrankungen. Seit 2006 ist ein Impfstoff gegen relevante Typen zugelassen, seit März 2007 wird von der Ständigen Impfkommission für Mädchen im Alter zwischen zwölf und 17 Jahren in Deutschland eine Impfung gegen HPV empfohlen und entsprechend von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Seit August 2014 gilt eine modifizierte Empfehlung vorrangig für Mädchen im Alter von neun bis 14 Jahren. Damit steht auch eine Maßnahme zur primären Prävention des Gebärmutterhalskrebses zur Verfügung, die mittelfristig zu rückläufigen Erkrankungshäufigkeiten führen sollte.

Nach Ergebnissen aus dem Arztreport erhielten aus dem bundesweit bislang am häufigsten geimpften Geburtsjahrgang 1996 bis Ende 2013 rund 55 Prozent aller Frauen mindestens eine HPV-Impfdosis (Werte ohne Hessen). In einzelnen Regionen Deutschlands wurden dabei sehr unterschiedliche Impfraten erreicht. Während beispielsweise nach verfügbaren Daten für Bayern bis Ende 2013 nur Impfraten knapp oberhalb von 40 Prozent ermittelt werden konnten, lagen die Impfraten in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt zu diesem Zeitpunkt bereits bei etwa 70 Prozent. Bis Ende 2014 dürften die Impfraten für Frauen aus dem Jahrgang 1996 bundesweit noch auf etwa 60 Prozent gestiegen sein. In den nachfolgenden Geburtsjahrgängen ist bei einer unveränderten Entwicklung des Impfverhaltens mit noch merklich höheren Impfraten bei Mädchen bis zur Vollendung ihres 17. Lebensjahres zu rechnen. In einigen neuen Bundesländern dürften die Impfraten absehbar 80 Prozent erreichen oder sogar übersteigen.

Mit nachweisbaren Effekten der Impfung auf die Häufigkeit von Gebärmutterhalskrebserkrankungen in Deutschland ist in den nächsten Jahren trotz der zuvor beschriebenen Impfraten noch nicht zu rechnen. Grund hierfür ist der lange Zeitraum zwischen dem idealen Impfzeitpunkt vor den ersten sexuellen Kontakten und dem Alter mit einem nennenswerten Risiko für eine Gebärmutterhalskrebserkrankung nach dem 30. Lebensjahr. Auch weltweit konnte eine Reduktion des Erkrankungsrisikos an Gebärmutterhalskrebs durch die Impfung in Studien bislang nicht nachgewiesen werden. Belegt sind lediglich Auswirkungen auf Zellveränderungen im Sinne von Vorstadien. Auch wenn damit positive Auswirkungen im Sinne rückläufiger Erkrankungshäufigkeiten an Gebärmutterhalskrebs sehr  wahrscheinlich erscheinen, sollte die Datenlage Anlass für eine fortgesetzte Beobachtung von Studienergebnissen und bevölkerungsbezogenen Erkrankungshäufigkeiten sein.

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