Tritt Pflegebedürftigkeit ein, sind viele Herausforderungen zu bewältigen: Wie muss der Alltag umorganisiert werden, kann die Pflege ein Angehöriger übernehmen oder wird professionelle pflegerische Hilfe benötigt? Welche Ansprüche gegenüber der Pflegeversicherung ergeben sich?
Der Wunsch, bei eintretender Pflegebedürftigkeit weiterhin in der gewohnten Umgebung zu Hause zu leben, ist weit verbreitet. So überrascht nicht, dass der überwiegende Teil der Pflegebedürftigen keine stationären Pflegeleistungen in Anspruch nimmt: Laut vdek-Basisdaten des Gesundheitswesens wurden 2014 knapp zwei Millionen der insgesamt 2,7 Millionen Menschen, die Pflegeleistungen der sozialen Pflegeversicherung (SPV) erhielten, ambulant versorgt.
Pflegegeld und Pflegesachleistungen
Der Gesetzgeber sieht eine Vielzahl an Unterstützungsleistungen, die zudem kombinierbar sind, für die Pflege in den eigenen vier Wänden vor. Dabei werden die Leistungen Pflegegeld bzw. Pflegesachleistungen am häufigsten von den Pflegebedürftigen in Anspruch genommen. Ob Pflegebedürftigkeit vorliegt und demnach Leistungen in Anspruch genommen werden können, entscheidet die Pflegekasse aufgrund eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen. Hierbei wird nach individuellem zeitlichem Pflegeaufwand die Pflegestufe festgelegt. Diese ist Grundlage dafür, in welcher Höhe Leistungen beansprucht werden können.
Pflegegeld wird für selbst beschaffte Hilfen bei der grundpflegerischen und hauswirtschaftlichen Versorgung gezahlt - nicht selten verwenden es Pflegebedürftige als Aufwandsentschädigung für pflegende Angehörige. Alternativ können sie Pflegesachleistungen (d. h. grundpflegerische und hauswirtschaftliche Versorgung) in Anspruch nehmen, die durch einen ambulanten Pflegedienst erbracht werden. Hierfür sind je Pflegestufe gestaffelte Beträge gesetzlich festgelegt. Eine Kombinationsleistung aus beiden Leistungen ist möglich. Der Pflegebedürftige ist an seine Entscheidung für mindestens sechs Monate gebunden.
Von den Pflegestufen zu den Pflegegraden
Ambulant versorgte Pflegebedürftige profitierten in den letzten Jahren von vielen gesetzlichen Verbesserungen. 2013 wurden die Leistungen insbesondere für Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz verbessert. Darunter fallen vor allem Menschen mit Demenz, geistigen Behinderungen und psychischen Erkrankungen, bei denen die körperlichen Defizite häufig nicht die zentrale Rolle spielen, sondern ein besonderer Hilfe- und Betreuungsbedarf besteht. Neu ist, dass dieser Personenkreis mit der sogenannten Pflegestufe „0“ ebenfalls einen Anspruch auf Pflegegeld und Pflegesachleistungen hat, und bei Vorliegen einer Pflegestufe erhöht sich zudem deren Leistungshöhe.
2015 erhöhten sich die Pflegesätze für alle Pflegebedürftigen durch das Pflegestärkungsgesetz I (PSG I) noch einmal. Außerdem haben pflegende Angehörige im Rahmen der sogenannten Familienpflegezeit jetzt diverse Fördermöglichkeiten. Und die nächste große Reform der Pflege steht kurz bevor: Künftig sollen mit dem Pflegestärkungsgesetz II (PSG II) fünf Pflegegrade die unterschiedlichen Pflegebedarfe ohne und mit eingeschränkter Alltagskompetenz besser abbilden. Eine Einstufung erfolgt dann nicht mehr nach zeitlichem Pflegeaufwand. Die Grade lösen die drei Pflegestufen ab, zu denen es Übergangsregelungen geben wird. Das soll gewährleisten, dass niemand nach Inkrafttreten des PSG II in seinen Leistungen schlechter gestellt wird.
Hilfsmittel und Zuschüsse für Umbaumaßnahmen
Je nach Pflegestufe besteht in Abhängigkeit der individuellen Situation ein Anspruch auf weitere Leistungen. So werden technische Pflegehilfsmittel wie Pflegebetten zur Verfügung gestellt, für die vom Pflegebedürftigen eine gesetzliche Zuzahlung von maximal 25 Euro aufgebracht werden muss. Bei mobiler Einschränkung stellt die gesetzliche Krankenversicherung Rollstühle oder andere technische Hilfsmittel leihweise zur Verfügung. Entscheiden sich Versicherte für eine Ausstattungsvariante, die über das Maß des Notwendigen hinausgeht, tragen sie die Mehrkosten dafür allerdings selbst.
Die Pflegeversicherung übernimmt außerdem Kosten für Hausnotrufsysteme und bis zu 40 Euro monatlich für zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel wie Bettschutzeinlagen, Einmalhandschuhe oder Desinfektionsmittel. Wenn Umbaumaßnahmen zur Erleichterung der pflegerischen Versorgung an der Wohnung des Pflegebedürftigen erforderlich sind, können bei der Pflegekasse Zuschüsse beantragt werden - maximal 4.000 Euro je Maßnahme.