Wolfgang Schäuble freut sich. Nach langer Zeit soll der Staatshaushalt 2014 strukturell ausgeglichen sein. Dafür musste der Bundesfinanzminister einige Milliarden einsammeln. Schon im Herbst 2012 wurde er bei den Krankenkassen fündig, denn im Gesundheitsfonds häufen sich dank der unerwartet günstigen Konjunktur- und Beschäftigungssituation Überschüsse an - und diese führten in letzter Zeit zu absurden Diskussionen. Die Rückkehr zu individuellen Beitragssätzen könnte Abhilfe schaffen.
Für 2013 kürzte die Bundesregierung den Steuerzuschuss an den Gesundheitsfonds zunächst um 2,5 Milliarden Euro, für 2014 um zwei Milliarden Euro. Standhaft weigerte sich Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr, weitere Milliarden aus dem Gesundheitsfonds beizusteuern. Ohne Erfolg. Dem Gesundheitsfonds werden 2014 noch einmal 1,5 Milliarden Euro, insgesamt also 3,5 Milliarden Euro gestrichen. Damit bekommen die Krankenkassen statt 14 Milliarden nur noch 10,5 Milliarden Euro an Steuerzuschüssen, die eigentlich zur Kompensation versicherungsfremder Leistungen vorgesehen waren.
Wieder einmal bedient sich der Staat bei den Krankenkassen, um den Haushalt zu sanieren. Das ist nichts Neues - seit Jahren kritisieren die Krankenkassen dieses Hü und Hott bei den Steuerzuschüssen. Aber durch den Gesundheitsfonds und Einheitsbeitragssatz hat sich die Situation zugespitzt. Die Beitragsgelder der Versicherten und Arbeitgeber fließen heute in den Gesundheitsfonds, der den Kassen die Gelder - je nach Zahl und Morbidität ihrer Versicherten - zuweist. Diese Zuweisungen richten sich nach den vom Schätzerkreis ermittelten Daten zur prognostizierten Ausgaben-/Einnahmenentwicklung im folgenden Jahr. Dank der positiven Konjunktur- und Beschäftigungssituation flossen 2011 und 2012 mehr Gelder in den Fonds, als den Kassen zugewiesen wurde. Die Überschüsse im Gesundheitsfonds summieren sich somit mittlerweile auf 13,1 Milliarden Euro.
Die Wiedereinführung der Beitragssatzautonomie würde mit und ohne Gesundheitsfonds funktionieren.
Kassen können über die Überschüsse im Gesundheitsfonds nicht verfügen. Sie können nur über die Zuweisungen bestimmen. Hier haben sich Rücklagen von 15,1 Milliarden Euro gebildet, die aber durch Ausgabensteigerungen bei Ärzten, Krankenhäusern und Apotheken sowie den Wegfall der Praxisgebühr schnell wieder dahinschrumpfen werden. Daher ist Vorsicht geboten.
Früher hatte es ein Nebeneinander dieser Töpfe nicht gegeben. Jede Kasse konnte einen individuellen Beitragssatz erheben, dieser wurde - je nach Finanzlage - flexibel angepasst, das Geld der Beitragszahler kam direkt bei den Kassen an. Aus diesem Grund fordern Politiker von CSU und SPD die Rückkehr zu individuellen Beitragssätzen. Die Ersatzkassen unterstützen diesen Vorschlag, wobei die Wiedereinführung der Beitragssatzautonomie mit und ohne den Gesundheitsfonds funktionieren würde. Absurde Diskussionen über Überschüsse der gesetzlichen Krankenkassen würden jedenfalls der Vergangenheit angehören.
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