Die aktuelle Debatte um fehlerhafte Medizinprodukte hat deutlich gemacht: Das Thema Patientensicherheit muss eine höhere Priorität bekommen.
Im April 2018 fand der Dritte Internationale Gipfel zur Patientensicherheit in Tokio mit 44 Ländern weltweit, darunter Deutschland, statt. Dieser endete mit einem Bekenntnis für ein „starkes Engagement zur Aufrechterhaltung einer kraftvollen politischen Dynamik zugunsten der ,Globalen Maßnahmen für die Patientensicherheit‘ (…).“ Zudem findet jährlich am 17. September ein Tag der Patientensicherheit statt.
Das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) hat mit Unterstützung des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek) 2018 ein Weißbuch herausgegeben, das viele wertvolle Handlungsempfehlungen gibt.
Es tut sich also einiges in Sachen Patientensicherheit. Und doch kommen Zweifel auf, wenn man die Berichterstattung der letzten Wochen über fehlerhafte Medizinprodukte, wie selbstauflösende Stents oder metallabgebende Hüftimplantate, liest. Die Probleme sind lange bekannt – nur politisch ist zu wenig passiert. Die Medizinprodukteindustrie konnte auf EU-Ebene erfolgreich verhindern, dass eine zentrale Zulassungsstelle für Hochrisikomedizinprodukte in Europa eingeführt wird. Eine Bewertung zu Nutzen und Schaden von Medizinprodukten, die verhindern würde, dass gefährdende Implantate überhaupt verwendet werden, gibt es weder auf EU-Ebene noch hierzulande. Und auch das von Kassenseite mitinitiierte Endoprothesenregister ist auf freiwillige Meldungen angewiesen.
Am Beispiel der Medizinprodukte zeigt sich das Paradox in unserem Gesundheitswesen. Auf der einen Seite haben wir eines der modernsten und fortschrittlichsten Systeme der Welt, um das uns viele beneiden. Auf der anderen Seite sind wir konfrontiert mit multiresistenten Keimen und Sepsis-Fällen in Krankenhäusern, mit vermeidbaren Stürzen, unnötigen Operationen und unabgestimmten Multimedikationen und mehr. Dadurch entstehen natürlich auch unnötige Ausgaben. Die OECD errechnete 2016, dass 15 Prozent aller Gesundheitsausgaben deutschlandweit durch Patientensicherheit vermeidbar wären.
Was also tun? Das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) hat mit Unterstützung des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek) 2018 ein Weißbuch herausgegeben, das viele wertvolle Handlungsempfehlungen gibt. Wir brauchen eine konsequente Qualitäts- und Patientenorientierung im Gesundheitswesen. Nicht ökonomische Interessen dürfen handlungsleitend sein, wenn ein Arzt zu einer Knie- oder Herz-Operation rät. Krankenhäuser und andere Einrichtungen müssen transparenter und angstfreier mit Fehlern umgehen, denn ein Lernen aus Fehlern kann zu mehr Patientensicherheit beitragen. Patienten müssen wir als Partner betrachten, die Teil des Behandlungsprozesses sind. Und schließlich muss die Politik konsequent handeln, wenn die Patientensicherheit droht, ins Hintertreffen zu geraten. Ein guter Schritt ist die Ankündigung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, jetzt schnell ein verpflichtendes Implantateregister auf den Weg zu bringen.