Vor gut zehn Jahren ist das Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) an den Start gegangen, heute ist es Europas zweitgrößtes medizinisches Register für Hüft- und Knieendoprothetik. Mehr als zwei Millionen Datensätze von gelenkersetzenden Operationen wurden bislang auf der Grundlage freiwilliger Datenlieferungen von derzeit 750 Kliniken analysiert und ausgewertet. EPRD-Geschäftsführer Dr. med. Andreas Hey erläutert die Struktur und Bedeutung des Registers.
Welche Informationen können aus den Registerdaten gewonnen und welche Rückschlüsse gezogen werden?
Aus den Registerdaten lassen sich eine Vielzahl an Informationen gewinnen: beispielsweise die Altersverteilung, das Geschlecht und Vorerkrankungen der Patient:innen sowie Gründe für Wechseloperationen und Haltbarkeit der Implantate. Darüber hinaus geben die Daten einen Einblick in die unterschiedlichen Versorgungsformen der Kliniken: Werden mehr Teil- oder Totalprothesen verwendet? Werden diese zementiert oder nicht zementiert? Und besonders wichtig: Durch das Register können Patient: innen der Ersatzkassen und AOK – nur diese gesetzlichen Kassen nehmen bisher am EPRD teil – im Falle eines Produktrückrufs datenschutzkonform und rasch informiert werden.
Inwieweit verbessert das EPRD die Gesundheitsversorgung und Gesundheitskompetenz der Patient:innen?
Die EPRD-Daten bieten eine Fülle an versorgungsrelevanten Informationen. Sie haben beispielsweise gezeigt, dass bei Menschen ab dem 75. Lebensjahr eine Hüfttotalendoprothese zementiert werden sollte. Auch die Klinik-Auswertungen sind für Mediziner:innen von Interesse. Sie dokumentieren die jeweiligen individuellen Standzeiten des Hauses – sowohl für verschiedene Versorgungsformen als auch für einzelne Implantate – und vergleichen die Ergebnisse anonymisiert mit denen der anderen Kliniken (sogenanntes Benchmarking). Mit unseren Patientenbroschüren erhalten Patient:innen Informationen rund um den Eingriff einer Prothesenimplantation. Dadurch werden sie ermächtigt, sich über ihren Eingriff zu informieren und erfahren mehr über mögliche Faktoren, die einen langfristigen Behandlungserfolg beeinflussen können.
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) erwägt, ein neues gesetzliches Implantateregister mit eigener Behörde zu errichten. Wie stehen Sie zu den Plänen?
Mit dem EPRD existiert bereits ein etabliertes, hervorragend funktionierendes endoprothetisches Register. Bei einer Beleihung des EPRD mit dem Aufbau und dem Betrieb des Implantateregister Deutschland (IRD) wäre der Start der Endoprothesenerfassung im IRD wesentlich schneller und vor allem kostengünstiger zu realisieren, als wenn dies wie bisher durch das BMG selbst oder eine noch zu schaffende Implantateregisterbehörde erfolgen würde. Umso unverständlicher ist es für uns, dass auf unsere Erfahrungen sowie auch auf unseren Datenschatz bei einem neu zu gründenden Implantateregister Deutschland nicht zurückgegriffen werden soll. Die Politik unterschätzt den Aufwand und die dafür notwendige Expertise, ein Register für Knie- und Hüftendoprothesen sinnvoll zum Laufen zu bringen.
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