Deutschland erkennt Sepsis
Allein in Deutschland sterben pro Jahr rund 75.000 Menschen an Sepsis. Viele der Todesfälle gelten als vermeidbar. Die Kampagne will Bewusstsein für die hochgefährliche Erkrankung schaffen. » Lesen
Die am 16. Februar 2021 gestartete Kampagne „Deutschland erkennt Sepsis“, die vom vdek nachdrücklich unterstützt wird, will das öffentliche und medizinische Bewusstsein für die Gefahren einer Sepsis und für die typischen Warnzeichen schärfen.
Den vorliegenden Fragen-Antworten-Katalog veröffentlichen wir mit freundlicher Genehmigung des Kampagnenpartners Sepsis-Stiftung. » Die Langversion der FAQ finden Sie auf der Webseite der Sepsis-Stiftung.
Sepsis ist die schwerste Verlaufsform einer Infektion. Sie entsteht, wenn die körpereigenen Abwehrkräfte nicht mehr in der Lage sind, die Ausbreitung einer lokalen Infektion zu verhindern, und die Erreger in den Blutkreislauf eindringen. Der Körper reagiert mit einer Aktivierung der Abwehrsysteme, insbesondere des Immun- und Gerinnungssystems. Dadurch werden nicht nur die Erreger, sondern auch die körpereigenen Organe wie Lunge, Herz und Niere geschädigt. Es kommt zum Multiorganversagen und zum septischen Schock. Unbehandelt ist eine Sepsis immer tödlich.
Bis zu 75 Prozent der Überlebenden einer Sepsis leiden unter Langzeitfolgen wie Müdigkeit, kognitiven Einschränkungen, Konzentrationsschwäche, Depressionen, chronischen Schmerzen, neuro-muskulären Schäden und Gleichgewichtsproblemen. Die Auswirkungen auf die Berufsfähigkeit, der Bedarf an Langzeitpflege und die Einschränkung der Leistungsfähigkeit im Alltag können erheblich sein. Nicht selten kommt es im Verlauf einer Sepsis zu Amputation von Gliedmaßen. Beratungsangebote für Betroffene gibt es unter anderem bei der Sepsis-Stiftung, der Deutschen Sepsis-Hilfe und der Ambulanz zu Langzeitfolgen nach intensivmedizinischer Behandlung an der Charité-Universitätsmedizin Berlin.
In Deutschland sterben jährlich mindestens 100.000 Menschen an Sepsis. Das sind deutlich mehr Todesfälle als durch Brust-, Prostata- und Darmkrebs zusammen. Weltweit gibt es pro Jahr ca. 11 Millionen Todesfälle in Folge einer Sepsis, davon sind etwa 1,2 Millionen Neugeborene. Bei Kindern und Jugendlichen treten jährlich ca. 2.600 Fälle auf, die Sterblichkeit beträgt bei ihnen ca. 17 Prozent. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hält die Mehrzahl der Todesfälle durch Sepsis für vermeidbar. In Deutschland wird von 20.000 vermeidbaren Todesfällen pro Jahr ausgegangen.
Sepsis entsteht immer aus einer Infektion. Wenn Sie eine Infektion haben oder vermuten und zudem ein oder mehrere der folgenden Symptome feststellen, könnte es sich um eine Sepsis handeln:
Fehlendes Fieber schließt eine Sepsis nicht aus!
Bei kleinen Kindern sind die Symptome einer Sepsis unspezifisch. Besondere Achtsamkeit ist nötig, wenn Kinder, die zunächst nur allgemeine Infektionszeichen wie eine erhöhte Körpertemperatur aufweisen, appetitlos, schläfrig und apathisch werden, schwer und schnell atmen und den Muskeltonus verlieren. Marmorierte fleckige Haut, kalte Gliedmaßen und Untertemperatur bei Babys gehören ebenfalls zu den Warnzeichen einer Sepsis. Wenn eines oder mehrere dieser Symptome vorliegen, wenden Sie sich schnellstmöglich an Ihren Arzt oder bringen Sie Ihr Kind in die Notaufnahme! Frühgeborene sind besonders anfällig für Sepsis, da ihr Immunsystem noch nicht voll entwickelt ist.
Sepsis kann jeden treffen. Bestimmte Menschen haben aber ein erhöhtes Risiko. Dazu gehören:
Der beste Weg, sich vor einer Sepsis zu schützen, ist die Verhinderung von Infektionen bzw. deren konsequente Behandlung. Besonders kleine Kinder und Menschen über 60 Jahre sollten unbedingt den Impfempfehlungen der Gesundheitsbehörden folgen.
Eine schnelle Behandlung ist bei Sepsis essentiell, denn mit jeder Verzögerung der Therapie steigt die Sterblichkeit. Sepsis ist daher immer ein Notfall! Patienten müssen so schnell wie möglich Breitband-Antibiotika erhalten. Zur Erregerdiagnostik sollten zuvor Blutkulturen und Abstriche vom mutmaßlichen Infektionsherd genommen werden. Hinzu kommen kreislaufstabilisierende Maßnahmen sowie bei Infektionsherden (z. B. bei einem Blinddarm- oder Darmdurchbruch, einem Wund- oder Knochenabszess oder einer entzündeten Herzklappe) die chirurgische Beseitigung. Wurde die Infektion durch Venen- oder Blasenkatheter oder andere Fremdkörper ausgelöst, müssen diese entfernt werden.
Wenn verschriebene Antibiotika nach zwei oder drei Tagen nicht anschlagen, liegt sehr wahrscheinlich keine bakterielle, sondern eine durch Viren hervorgerufene Infektion vor. Bei bakteriellen Infektionen z.B. der Harnwege oder der Nieren oder bei Patienten mit chronischen Atemwegsinfektionen sind manchmal auch multi-resistente Erreger der Grund dafür, dass Antibiotika nicht wirken. Sprechen Sie in diesem Fall unbedingt zeitnah mit Ihrem Arzt!
Auch bei Schwangeren gilt: Der beste Weg, sich vor einer Sepsis zu schützen, ist die Verhinderung von Infektionen und die rechtzeitige konsequente Behandlung einer Infektion. Es gibt Antibiotika, die in der Schwangerschaft sicher wirksam und nicht schädlich Mutter und Kind sind.
Wenn sich eine Sepsis während oder nach der Geburt oder nach einem Schwangerschaftsabbruch entwickelt, spricht man von einer Wochenbettsepsis, auch Kindbettfieber, maternale Sepsis oder puerperale Sepsis genannt.
Nein. Das Infektionsrisiko ist nach einem Kaiserschnitt viermal höher als bei einer normalen Geburt.
Sepsis kann nicht nur von bakteriellen, sondern auch von viralen Erregern wie Grippe-, Ebola- oder Coronaviren sowie von Pilzen oder Parasiten ausgelöst werden. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass ein Viertel der Menschen, die wegen einer COVID-19-Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden müssen, die Zeichen einer viralen Sepsis aufweisen. Über 80 % dieser Patientinnen und Patienten müssen wegen des mit der Sepsis einhergehenden Versagens eines oder mehrerer Organe auf der Intensivstation behandelt werden. Ähnlich wie bei Sepsis anderer Ursachen leiden ca. 75 % der COVID-19-Betroffenen noch lange nach dem Abklingen der akuten Erkrankung unter einer Vielzahl von oft länger andauernden Störungen. Dazu gehören Müdigkeit, Erschöpfung, Muskelschwäche, Gelenk- und Muskelschmerzen, Einschränkungen der Gedächtnisleistungen, Depressionen und andere psychischen Beschwerden. Auffällig ist, dass solche Folgen bei COVID-19 häufiger auch nach leichteren Krankheitsverlaufsformen auftreten, als dies bei Infektionen durch andere Erreger der Fall ist.
Allein in Deutschland sterben pro Jahr rund 75.000 Menschen an Sepsis. Viele der Todesfälle gelten als vermeidbar. Die Kampagne will Bewusstsein für die hochgefährliche Erkrankung schaffen. » Lesen