Forsa-Umfrage

GKV-Versicherte sind mit der medizinischen Versorgung zufrieden

Das Thema Gesundheit und Pflege hat bei den Koalitionsgesprächen von CDU/CSU und SPD eine große Rolle gespielt. Welche Weichen müssen in den nächsten vier Jahren in der Gesundheitspolitik gestellt werden? Der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) hat die Bevölkerung nach ihren Einstellungen zu den Themen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und medizinische Versorgung im Rahmen einer Forsa-Umfrage befragt. Die Umfrage stellte der vdek in seiner Pressekonferenz am 30. Januar 2018 der Öffentlichkeit vor, zeitgleich zu den Koalitionsgesprächen.

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Befragt wurden 1.000 gesetzlich Krankenversicherte ab 18 Jahren in der Zeit vom 5. bis 15. Dezember 2017. Von Interesse waren für uns vor allem Fragen zu den grundsätzlichen Einstellungen der Bevölkerung in Sachen GKV-Finanzierung und Pflege. Zudem wollten wir wissen, wie die Menschen die Versorgungssituation im hausärztlichen, fachärztlichen, stationären Bereich und in der Notfallversorgung wahrnehmen. Das vorweg: Das medizinische Versorgungssystem in Deutschland genießt eine hohe Wertschätzung bei den Versicherten. Auffällig waren jedoch Unterschiede in der Wahrnehmung bei der Stadt- bzw. Landbevölkerung. Auch das Thema Wartezeit beim Arzt beschäftigt die Versicherten. Und was die Wiedereinführung der paritätischen Finanzierung anbelangt, so sind die Verhandlungspartner von CDU/CSU und SPD auf dem richtigen Weg. Eine klare Mehrheit möchte, dass die Beschäftigten und Arbeitgeber die Kosten für den medizinischen Fortschritt gleichermaßen tragen sollen. Die wichtigsten Ergebnisse im Einzelnen:

1. Es gibt eine hohe Zufriedenheit mit der medizinischen Versorgung.

Im Rahmen der Koalitionsgespräche wurde insbesondere vonseiten der SPD eine intensive Debatte über die angebliche Zwei-Klassen-Medizin in Deutschland geführt. Doch wird dies auch von der Bevölkerung so wahrgenommen? Die Antwort lautet nein. Die medizinische Versorgung in Deutschland genießt eine hohe Anerkennung. 85 Prozent von 1.000 befragten GKV-Versicherten sind sehr zufrieden (30 Prozent) bzw. zufrieden (55 Prozent) mit der medizinischen Versorgung in Deutschland. Die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung wertschätzt auch die Leistungsprinzipien der GKV, wie etwa die kostenfreie Familienversicherung, das Sachleistungsprinzip oder die solidarische Beitragserhebung. Zudem setzen die Menschen insgesamt großes Vertrauen in ihre Haus- und Fachärzte. 96 Prozent derjenigen, die in den vergangenen zwei Jahren einen Hausarzt und/oder einen Facharzt aufgesucht haben, sind insgesamt sehr zufrieden bzw. zufrieden mit ihrem Hausarzt und der Praxis gewesen, bei Fachärzten waren es mit 88 Prozent geringfügig weniger.

Wo es jedoch Handlungsbedarf gibt, ist das Thema Wartezeit . Forsa hat die Versicherten gefragt, womit sie bei ihrem Haus- oder Facharzt nicht zufrieden waren. Dabei wurden „Wartezeit in der Praxis“, „Wartezeit auf einen Termin“ und „Zu wenig Zeit“ am häufigsten genannt. Insofern ist es richtig, dass in den Koalitionsgesprächen auch die Wartezeitenproblematik thematisiert wurde. Nach Vorstellungen der Koalitionäre sollen die Öffnungszeiten der Terminservicestellen bei den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) in Zukunft verbindlicher geregelt und der Geltungsbereich ausgeweitet werden. Genau dies deckt sich mit den Erkenntnissen der Umfrage: Denn nur der Hälfte der Versicherten (52 Prozent) ist laut der Forsa-Umfrage bekannt, dass sie sich bei Problemen für einen Facharzttermin an Terminservicestellen der KV wenden können.

2. Es gibt ein Stadt-Land-Gefälle bei den Versorgungsstrukturen.

Ein größeres Augenmerk muss die Politik nach Auffassung des vdek auf die ländlichen Räume legen. Hier sagen 25 Prozent der Befragten, dass sie unzufrieden mit der medizinischen Versorgung seien. Bei Versicherten, die aus städtischen Regionen kommen, ist der Anteil mit zwölf Prozent nur halb so hoch. Dieses Ergebnis zieht sich quer durch die Befragung in unterschiedlicher Ausprägung. Speziell zum Thema „Wartezeit auf Termin beim letzten Facharztbesuch“ befragt, sagen 33 Prozent der Befragten aus den ländlichen Regionen sehr unzufrieden mit der Terminvergabe gewesen zu sein, während dieser Anteil bei der städtischen Bevölkerung bei nur 18 Prozent lag. Auch bei der Erreichbarkeit von medizinischen Versorgungsangeboten gibt es Unterschiede in der Wahrnehmung. Dies bezieht sich jedoch vor allem auf das Angebot an Fachärzten. 82 Prozent der Befragten aus städtischen Regionen sagen, dass ein ausreichendes Angebot an Fachärzten vorhanden sei, bei Befragten aus ländlichen Regionen ist das nur bei 47 Prozent der Fall. Im Fall einer Krankenhausversorgung spielt die Entfernung dagegen eine geringe Rolle. Wieviel Entfernung sind die Menschen bereit in Kauf zu nehmen, um bei einer komplizierteren Erkrankung, wie einer schweren Hüft-OP, in einem spezialisierten Krankenhaus versorgt zu werden. 23 Prozent akzeptieren eine Entfernung von maximal 20 Kilometer, 37 Prozent würden dafür bis zu 100 Kilometer fahren, weitere 38 Prozent sogar mehr als 100 Kilometer. In der ländlichen Bevölkerung ist die Bereitschaft mit 43 Prozent noch größer. Für eine Spezialversorgung sind die Versicherten also bereit, weitere Strecken auf sich zu nehmen!
Die Vorstandsvorsitzende des vdek, Ulrike Elsner, forderte darüber hinaus weitere Maßnahmen, um die Gesundheitsversorgung auf dem Land zu stärken, wie zum Beispiel den konsequenten Ausbau von Fahrdiensten oder Zweigpraxen oder aber die Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung. Zudem müssten die Möglichkeiten der Digitalisierung, wie die neu geschaffenen Videosprechstunden, stärker genutzt bzw. angeboten werden.

3. Notfallversorgung: Erste Anlaufstelle ist das Krankenhaus.

Überfüllte Notfallambulanzen in den Krankenhäusern, Intransparenz bzw. Unkenntnis der Versicherten, was die Notfallstrukturen anbelangt, uneinheitliche Strukturen in den Ländern – die Notfallversorgung ist ein Thema, das schon länger in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Erfreulich ist, dass nach der Forsa-Befragung immerhin 64 Prozent der Befragten wussten, dass es einen ärztlichen Bereitschaftsdienst mit der Rufnummer 116 117 gibt, in den ländlichen Regionen sind es mit 77 Prozent sogar mehr als in den städtischen Regionen (62 Prozent). Dennoch würden gleichzeitig 43 Prozent der Befragten am Tag und 53 Prozent am Wochenende im Falle eines Notfalls – in diesem Fall wurde nach einer behandlungsbedürftigen Platzwunde am Kopf gefragt – als erstes ein Krankenhaus ansteuern. Insbesondere junge Menschen (63 Prozent: 18- bis 29-Jährige) und Menschen in städtischen Regionen (44 Prozent) würden der Befragung zufolge den direkten Weg ins Krankenhaus suchen. Dies bestärkt den vdek in der Forderung, obligatorisch an Krankenhäusern eine zentrale Anlaufstelle (Portalpraxis) einzurichten. Hier wird dann an einem gemeinsamen Tresen entschieden, ob der Patient eine ambulante oder stationäre Behandlung braucht, und es erfolgt von dort aus die Weiterleitung zur entsprechenden Versorgung.

4. Finanzierung steigender Kosten in der GKV und Pflege:

Wie sollen die steigenden Kosten in der GKV zukünftig finanziert werden? In dieser Frage haben die Befragten eine eindeutige Meinung geäußert. Die klare Mehrheit von 61 Prozent meint, Beschäftigte und Arbeitgeber sollen die Kosten gleichermaßen tragen. 27 Prozent der Befragten sagen, dass der Staat die Mehrausgaben durch Steuerzuschüsse ausgleichen soll. Dass weiterhin nur die Beschäftigten für den medizinischen Fortschritt auf kommen sollen, finden dagegen nur zwei Prozent. Nach Auffassung des Verbandsvorsitzenden des vdek, Uwe Klemens, ist dies ein deutliches Votum gegen ein „Weiterso“ bei den Zusatzbeiträgen. Und auch mit Blick auf das Thema Pflege gilt: Grundsätzlich sind die Menschen mit dem kollektiv finanzierten System zufrieden, sehen aber den Staat mehr in der Pflicht. 60 Prozent der Befragten wollen, dass Mehrkosten durch Steuerzuschüsse vom Staat finanziert werden. Nur neun Prozent sind für eine zusätzliche private Absicherung. 24 Prozent der Befragten sprachen sich für einen moderaten Anstieg des Beitragssatzes aus. Die vollständigen Fragen und Antworten der Forsa-Umfrage sind auf der Internetseite des vdek abrufbar.

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