Gesundheitsförderung

Wir gestalten Gesundheit – bundesweit regional

Gesundheit ist erheblich von individuellen und gesellschaftlichen Lebensbedingungen abhängig. Der soziale Status hat dabei großen Einfluss auf die Gesundheit und zeigt sich in ungleich verteilten Gesundheitschancen. Das Ziel von Gesundheitsförderung ist es, gesunde Lebensbedingungen zu schaffen und Menschen zu einer gesunden Lebensführung zu motivieren. Die Ersatzkassen engagieren sich zusammen in Initiativen und Projekten, die dabei helfen, gesund zu bleiben und die gesundheitlichen Chancen bundesweit und regional zu verbessern.

Personen, die sich im Kreis stehend an den Händen halten
Logo: Gesunde Lebenswelten

Die Ersatzkassen und der vdek haben ein gemeinsames Ziel vor Augen: Sie setzen sich unter der Dachmarke „Gesunde Lebenswelten. Ein Angebot der Ersatzkassen‟ für Gesundheitsförderung für und mit Menschen in belasteten Lebenslagen ein. Dabei hängen Gesundheit und Krankheit zu einem großen Teil von den Lebensverhältnissen und Umwelteinflüssen ab. Darüber hinaus spielen aber auch das individuelle Gesundheitsverhalten, der Umgang mit Gesundheitsinformationen, die Lebensgewohnheiten und Arbeitsbedingungen eine wesentliche Rolle. Gesundheitsfördernde Rahmenbedingungen sind deshalb wichtige Voraussetzungen für ein gesundes Leben. Bekannt ist auch, dass gesundheitliche Chancen ungleich verteilt sind. Insbesondere Menschen mit geringem Einkommen, Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien, Menschen in Arbeitslosigkeit, mit Migrationserfahrungen, ältere (sozial isoliert lebende), pflegebedürftige Menschen sowie Menschen mit Behinderungen verfügen dabei oftmals nicht über ausreichend Möglichkeiten oder geeignete Zugänge, um sich gesundheitsförderlich und -gerecht zu verhalten. Ein Ansatz, um insbesondere sozial benachteiligte Menschen zu erreichen, sind Interventionen der Prävention und Gesundheitsförderung in den sogenannten Lebenswelten (Settingansatz). Die Lebenswelten, in denen Menschen aufwachsen, leben, arbeiten, altern und ihre Freizeit verbringen, sind der beste Ort, um gesundheitsförderliche Verhaltensanreize und Verhältnisse anzustreben, Gesundheitsbelastungen zu minimieren sowie bestehende Ressourcen zu fördern. Die Ersatzkassen sind seit knapp vier Jahrzehnten ein wesentlicher und erfahrener Akteur in der Präventionslandschaft: Bundesweit aufgestellt investieren sie seit 1989 in bundesweite Strategien mit regionaler Schwerpunktsetzung zur Förderung der Gesundheit ihrer Versicherten. Dadurch sollen Krankheiten vermieden oder deren Eintritt zeitlich in der Lebensphase verschoben werden. Weiterhin steht der Aufbau gesundheitsförderlicher Strukturen im Fokus.

Mit dem Präventionsgesetz in 2015 haben sich die Ersatzkassen (Techniker Krankenkasse (TK), BARMER, DAK-Gesundheit, KKH Kaufmännische Krankenkasse, hkk – Handelskrankenkasse, HEK – Hanseatische Krankenkasse) dazu entschieden, das Bemühen um die Schaffung gesundheitlicher Chancengleichheit und der Verbreitung von Gesundheitsförderung in dem Setting „Pflege“ gemeinsam und mit gebündelten Kräften auf Ebene des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek) voranzubringen. Unter der Dachmarke „Gesunde Lebenswelten“ vereinen die Ersatzkassen verschiedene Aktivitäten mit dem Fokus auf Zielgruppen mit besonderem Präventions- und Gesundheitsförderungsbedarf.

Partizipation und Kooperation als entscheidende Erfolgsfaktoren

Im Mittelpunkt steht dabei die Unterstützung der Menschen durch eine gesundheitsfördernde Gestaltung ihrer Lebenswelten, ob in der Kommune, dem Quartier, der Werkstatt für Menschen mit Behinderung, Einrichtungen der Jugendhilfe, der stationären Pflegeeinrichtung oder im Krankenhaus. Die Bemühungen um gesundheitliche Chancengleichheit und der Verbreitung von Gesundheitsförderung basieren auf Partizipation. Das bedeutet: Angebote werden für und mit den jeweiligen Zielgruppen entwickelt und umgesetzt, denn diese wissen selbst am besten, was sie konkret brauchen und kennen die Rahmenbedingungen vor Ort. Die Vernetzung von Akteuren und Angeboten bilden einen weiteren wesentlichen Meilenstein, damit überall dort, wo Menschen aufwachsen, leben und lernen, arbeiten und älter werden, ihre Lebenswelten so ausgestaltet sind, dass sie lange (und) gesund leben können. Der Auf- und Ausbau gesundheitsförderlicher Strukturen kann allerdings nur im breiten Schulterschluss vieler Akteure passieren. Denn eines ist auch klar: Viele Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen, liegen nicht im, sondern vielmehr außerhalb des Gesundheitswesens. Aus diesem Grund sind Kooperationen mit Partnern wie Kommunen, Sozialversicherungsträgern, Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie dem öffentlichen Gesundheitsdienst ein Qualitätsansatz der Ersatzkassen, um gesundheitliche Gleichheit gemeinsam zu gestalten und voranzubringen.

Verzahnung von Wissenschaft und Praxis

Ziel des gemeinsamen Wirkens ist es auch, für bestehende Gesundheitsförderungsbedarfe zu sensibilisieren und aktuelle Forschungserkenntnisse mit den Bedarfen der Praxis zu verzahnen, von der Wissenschaft in die Praxis und aus der Praxis für die Wissenschaft. Das Angebot „Gesunde Lebenswelten“ vereint aus diesem Grund zwei wesentliche Handlungsstränge. Zum einen werden Praxisprojekte umgesetzt und zum anderen anwendungsorientierte Forschungs- und Entwicklungsprojekte initiiert.

Damit kann beispielsweise der geringen Evidenzlage im Bereich der Gesundheitsförderung in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 5 SGB XI begegnet werden. 2015 erhielten die Pflegekassen im Rahmen des Präventionsgesetzes auch den Auftrag, Angebote zur Gesundheitsförderung für Bewohner:innen in stationären Pflegeeinrichtungen zu schaffen. Um der noch immer moderaten Evidenzlage in diesem Bereich zu begegnen, wurden in verschiedenen Forschungsprojekten evidenzbasierte Maßnahmen gemeinsam mit Expert:innen aus Wissenschaft und Praxis entwickelt. So konnte sichergestellt werden, dass alle Perspektiven berücksichtigt sind und sich an den Bedarfen der Lebenswelt orientieren. Im Rahmen des Projektes „aktiviert.GESTÄRKT.zufrieden“ werden die entwickelten Maßnahmen aktuell bundesweit in über 30 Pflegeeinrichtungen pilotiert. Im Zuge der Pandemie und veränderten Rahmenbedingungen war ein flexibles Agieren gefordert. Entsprechend wurden drei der fünf Interventionen kurzfristig als digitales Angebot konzipiert. Die Pflegeeinrichtungen haben somit die Möglichkeit, zwischen zwei Formaten („vor Ort“ und digital) zu wählen und können das Projekt auf die gegebenen Bedingungen optimal adaptieren. Für die digitale Umsetzung der Projekte wurde eine Plattform entwickelt. Konkret heißt das, dass die Einrichtungen auf der Plattform unter anderem an Schulungen und Workshops teilnehmen können und einrichtungsindividuell alle für das Projekt relevanten Inhalte, wie zum Beispiel Arbeitsblätter oder Präsentationen, eingestellt sind. Mithilfe von interaktiv gestalteten Inhalten durchlaufen die Teilnehmer:innen verschiedene Selbstlerneinheiten. Weiterhin sind Netzwerktreffen mit den Einrichtungen geplant, damit diese voneinander lernen können.

Gesund altern und pflegen

Langfristige und nachhaltige Konzepte leben von dem Stichwort „Gesundheitsfördernde Gesamtpolitik“ oder auch "health in all policies". Das bedeutet, sie benötigen übergreifende stabile Strukturen und inkludieren die Vernetzung von vielen Akteuren mit deren Angeboten der sozialen Daseinsvorsorge. Deshalb ist es gleichermaßen notwendig und wirksam, die kommunale Verankerung und den Ansatz der Quartiersentwicklung mit Gesundheitsförderung und Prävention zu verknüpfen.

Im Rahmen des gemeinsamen Projektes der Ersatzkassen „Gesund Altern und Pflegen im Quartier“ stehen die Gesundheit und das Wohlbefinden sowohl älterer Menschen nach dem Erwerbsleben als auch pflegender Angehöriger im Mittelpunkt. Ziel des Projektvorhabens ist es, in acht ländlichen Quartieren Rahmenbedingungen vor Ort so zu verändern, dass es älteren, allein lebenden Personen sowie pflegenden Angehörigen ermöglicht wird, mehr für ihre Gesunderhaltung zu tun. Im Rahmen des Projektes werden relevante (kommunale) Akteure vor Ort in den Austausch gebracht. Über die entstehende Vernetzung sowie die Sensibilisierung für die Gesundheit der Älteren und pflegenden Angehörigen soll die Grundlage dafür geschaffen werden, auch nach Projektende im Gespräch zu bleiben. Die entstehenden Maßnahmen werden mit den Zielgruppen vor Ort konzipiert. Zudem sind am Projektende Nachhaltigkeitswerkstätten geplant, die explizit resümieren, wie Entstandenes fortbestehen kann.

Digitale Prävention

Die Digitalisierung bietet unbenommen viele Vorteile. Von digitalen Ansätzen können allerdings nicht alle Menschen gleichermaßen profitieren. Die Ersatzkassen nehmen dies zum Anlass, sich gemeinsam dafür einzusetzen, die digitale Gesundheitskompetenz bei Versicherten mit wenig Erfahrung im Umgang mit digitalen Lösungen gezielt zu fördern. Insbesondere bei vulnerablen Bevölkerungsgruppen ist es von Bedeutung, den Zugang zu digitalen Versorgungsangeboten und den damit verbundenen Möglichkeiten zu unterstützen und der Entstehung einer „digitalen Kluft“ sowie der Verstärkung gesundheitlicher Ungleichheiten entgegenzuwirken. Hierzu wurde ein Pilotprojekt mit dem Leibniz-Institut für Medienforschung, dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Share to Care und Take Part initiiert, in dem explizit die digitale Gesundheitskompetenz bei vulnerablen Zielgruppen wie älteren Menschen oder Personen mit chronischen Erkrankungen gefördert wird. So sollen niedrigschwellig Angebote entwickelt werden, die beispielsweise im Umgang mit der elektronischen Patientenakte oder bei der Suche nach guten Gesundheitsinformationen im Internet helfen sollen.

Weiterhin wird in dem praxisorientierten Forschungsprojekt „memorePlus: spielerisch.systemisch. effektiv“ untersucht, inwieweit digitale Interventionen gesundheitsförderliche Strukturprozesse unterstützen können und wie wirksam diese sind. Mittels der memoreBox, einer videospielbasierten Trainingsplattform, werden Bewohner:innen von Pflegeeinrichtungen körperlich und geistig aktiviert. Darüber hinaus unterstützt eine erfahrene Beratungsperson über insgesamt zwei Jahre bei einem nachhaltigen Auf- und Ausbau von gesundheitsfördernden Strukturen, sodass letztlich die gesamte Einrichtung – Bewohner:innen und Mitarbeiter:innen – profitieren kann.

Nicht nur im Bereich der Pflege werden zunehmend digitale Projekte initiiert. Auch in anderen Lebenswelten werden Angebote digital(er). So wird aktuell zum Beispiel eine Schulungsreihe für Menschen mit Lernschwierigkeiten digital angeboten. In dem Projekt „GESUND!“ sollen Videos unter anderem dazu beitragen, dass sich möglichst viele Menschen mit dem Thema Gesundheit beschäftigen. Hierzu wurden unter anderem acht verschiedene Übungsvideos zum Thema „Entspannung und Achtsamkeit“ produziert.

Gesundheit braucht Chancengleichheit

Die Ersatzkassen setzen sich mit verschiedenen Projekten für mehr gesundheitliche Chancengleichheit ein. Egal ob in der Kommune, in Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern: Es gilt, gemeinsam gesundheitsfördernde Strukturen aufzubauen und das Thema Gesundheitsförderung breit zu denken und langfristig zu gestalten.

» Webseite www.gesunde-lebenswelten.com

Die Gesundheit von Beschäftigten in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen stärken

Logo "MEHRWERT:PFLEGE - Ein Angebot der Ersatzkassen"

Unter der Dachmarke „Gesunde Lebenswelten“ sind auch Aktivitäten angesiedelt, die die Gesundheit von Beschäftigten in Krankenhäusern, stationären Pflegeeinrichtungen und ambulanten Pflegediensten in den Blick nehmen. Aufgrund der herausfordernden Arbeitssituation in diesen Settings kommt der Gesundheitsförderung von Pflegekräften, Ärzt:innen, therapeutischem oder hauswirtschaftlichem Personal eine besondere Rolle zu. So gilt es, einerseits die individuelle Gesundheitskompetenz der Mitarbeiter: innen zu stärken. Andererseits ist es von zentraler Bedeutung, die Arbeitsbedingungen in den Organisationen zu beleuchten und Ansatzpunkte für Verbesserungen zu identifizieren. So stehen die Dienstplangestaltung in den Einrichtungen, die Interaktionsarbeit in den Wohnbereichen und Stationen oder die professionelle Kommunikation im Berufsalltag auf der Agenda, die allesamt Parameter einer guten Organisationsgestaltung sind.

Im Rahmen des ersatzkassengemeinsamen Angebots MEHRWERT:PFLEGE wurde daher ein Ansatz zur gesundheitsförderlichen Organisationsentwicklung für genau diese Lebenswelten entwickelt. Zielsetzung ist es, Krankenhäuser, stationäre Pflegeeinrichtungen und ambulante Pflegedienste beim Auf- und Ausbau eines strukturierten und auf Nachhaltigkeit ausgerichteten betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) zu unterstützen.

Seit Beginn von MEHRWERT:PFLEGE im Jahr 2019 konnten in allen Bundesländern BGM-Projekte initiiert werden. Dazu wurde ein bundesweites Netzwerk an Beratungspersonen etabliert, das die Einrichtungen im gesamten betrieblichen Gesundheitsförderungsprozess begleitet. Dieser Prozess untergliedert sich in vier Phasen: Nach einer intensiven Vorbereitungsphase erfolgt die Bestandsaufnahme bezüglich der aktuellen Ist- Situation zur Gesundheit und zu den Arbeitsbedingungen. Anschließend werden auf Basis der dort gewonnenen Erkenntnisse notwendige Maßnahmen geplant und umgesetzt. Für diese Phase hält MEHRWERT:PFLEGE den sogenannten Gesundheitsbaukasten vor, der in zehn Themenfeldern überwiegend pflegespezifische Maßnahmen beinhaltet. Zudem wird im Weiteren der Erfolg des Projektes in Form einer Prozess- und Ergebnisevaluation bewertet. Dieser Projektzyklus dauert in der Regel 18 bis 24 Monate.

Die Arbeit der BGM-Berater:innen vor Ort zielt einerseits darauf ab, die Organisationen mit Fachexpertise über den gesamten Projektzeitraum zu unterstützen. Zudem sollen die Organisationen dazu befähigt werden, den BGM-Prozess weitestgehend eigenständig nach Projektende fortsetzen zu können und damit auch das Thema der Beschäftigtengesundheit in den betrieblichen Strukturen zu verstetigen.

Die bisherigen Projekterfahrungen sind sehr positiv, wenngleich einige Projekte durch die Corona-Pandemie in ihrer Umsetzung verzögert sind. Aber nicht nur das pandemische Geschehen nimmt Einfluss auf die Projektarbeit. Die zeitlichen und personellen Ressourcen auf Einrichtungsseite, Personalwechsel oder Umstrukturierungen führen häufig zu weiteren Herausforderungen. Dennoch ist der BGM-Weg vor allem eins: lohnenswert. Ein gut aufgesetztes betriebliches Gesundheitsmanagement kann auf vielen Ebenen einen Mehrwert erzeugen. Neben dem Erhalt der Arbeitsfähigkeit vom Beschäftigten sind auch aus Arbeitgeber:innensicht einige positive Effekte bekannt: Die Mitarbeiter:innenzufriedenheit und auch Mitarbeiter:innenbindung können genauso erhöht werden wie die Arbeitgeber:innenattraktivität.

» Webseite www.mehrwert-pflege.com

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