Einwurf

Weniger Rechtsstreite durch einheitliche Aufsicht!

Der Kabinettsentwurf zum Faire-Kassenwahl-Gesetz (GKV-FKG) lässt auf sich warten, doch die Diskussion um faire Wettbewerbsbedingungen hält unvermindert an. Beflügelt durch ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG). 

Kürzlich haben zwei Urteile des BSG für Aufsehen gesorgt. Der 1. Senat untersagte es der AOK Rheinland/Hamburg, Rabatte von Drittanbietern für Kochkurse, beim Kauf von Fahrrädern und E-Bikes oder beim Eintritt in Hallenbäder, Saunen und Wellnesseinrichtungen und Ähnliches zu bewerben. Damit überschreitet die Kasse den gesetzlich bestimmten Aufgabenkreis. Erwirkt hatte das Urteil der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) im Auftrag seiner Mitgliedskassen. 

Aber auch die private Continentale Krankenversicherung a. G. fühlte sich durch die Ausgestaltung verschiedener Wahltarife der AOK Rheinland/Hamburg im Wettbewerb benachteiligt. Wahltarife sind seit 2007 zwar erlaubt, aber umstritten waren Umfang und Art dieser Leistungen.

Das BSG hat nun klargestellt, dass eine gesetzliche Krankenkasse ihren Tätigkeitskreis mittels Wahltarif nicht erweitern darf, sofern hierzu keine gesetzliche Ermächtigung vorliegt.

Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek

Daher ist es der AOK Rheinland/Hamburg zum Beispiel nicht erlaubt, einen Wahltarif zum Auslandskrankenschutz anzubieten. 

Gerichtliche Auseinandersetzungen lassen sich in einem wettbewerblichen System sicher nicht grundsätzlich vermeiden. Sie lassen sich aber deutlich einschränken, wenn künftig nur eine Aufsichtsbehörde darüber wachen würde, ob die Gesetze und Wettbewerbsgrundsätze auch eingehalten werden. Unterschiedliche Auslegungen im Hinblick auf Wahltarife, Bonusprogramme und Versorgungsverträge zwischen den gesetzlichen Krankenkassen sollte es dann nicht mehr geben. 

Genau dies ist in dem heutigen System nicht der Fall. Das Bundesversicherungsamt (BVA) entscheidet über die bundesweit agierenden Krankenkassen, wie die Ersatzkassen, und die Länderaufsichten über die regional tätigen Krankenkassen, wie die AOK. Und es ist längst kein Geheimnis mehr, dass das BVA und die Länderaufsichten gleiche Sachverhalte durchaus unterschiedlich bewerten – die Länder eher wohlwollend zugunsten der AOK. Die Ersatzkassen und auch die bundesweit tätigen Betriebs- und Innungskrankenkassen beklagen diesen Zustand schon seit Langem. 

Gesundheitsminister Jens Spahn will dies in seinem Reformgesetz (GKV-FKG) ändern. Das ist richtig so. Denn die unterschiedliche Aufsichtspraxis verstärkt die ohnehin vorhandenen Wettbewerbsverzerrungen im Finanzausgleich der Krankenkassen (Morbi-RSA). Im Wettbewerb der Krankenkassen sollte es um einen guten Service, guten Preis und eine gute Versorgung gehen, sagt auch Spahn. Und zwar nach gleichen Regeln und Grundsätzen. „Glück mit der Aufsicht“ sollte kein Wettbewerbsfaktor sein.

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