Impfungen

Der Weg in die Krankenversicherung

Schutzimpfungen sind primärpräventive Leistungen, die die Entstehung von übertragbaren Krankheiten verhindern oder ihren Schweregrad mildern können. Doch wie halten eigentlich neue Impfungen Einzug in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV)?

Titel

Die erste bekannte Impfung fand im Jahr 1796 gegen Pocken in England statt und hat den Grundstein für die heutige Form der Impfung gelegt. Seitdem wurden für viele übertragbare Infektionskrankheiten Impfungen entwickelt, die meist einen hochwirksamen und sicheren Schutz gegen ansonsten nicht selten tödlich verlaufende Erkrankungen wie zum Beispiel Masern bieten. Die heute verwendeten Impfstoffe enthalten exakt dosierte Mengen eines Erregers. Durch den Einsatz abgeschwächter und inaktiver Erreger oder nur einzelner seiner Bestandteile sind moderne Impfstoffe heute risikoärmer denn je. An weiteren Impfungen wird geforscht, im Fokus stehen derzeit Impfstoffe gegen HIV, Ebola, Cytomegalie-Virus, multiresistente Krankenhauskeime sowie Malaria. Durch Covid-19 hat eine völlig neue Art von Impfstoffen den Sprung aus der Forschung in die Zulassung geschafft, sogenannte mRNA-Impfstoffe, welche die genetische Information – gewissermaßen die Bauanleitung – zur Bildung von Antigenen im Körper liefert. Diese mRNA-Impfstoffe haben als erste das Rennen um Impfungen gegen Covid-19 gewonnen und sollen bis zu 95 Prozent der Erkrankungen verhindern.

Spätestens jetzt während der Corona-Pandemie und mit Blick auf die Hoffnung neuer Impfstoffe stehen die Fragen der Zulassung und Inanspruchnahme von Impfungen wieder mehr im Fokus. In Deutschland ist das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) für Impfstoffe verantwortlich und überwacht deren Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit. Die Ständige Impfkommission (STIKO) entwickelt darauf aufbauend gemäß § 20 Abs. 2 des Infektionsschutzgesetzes Impfempfehlungen für Deutschland.

Epidemiologische Aspekte

Neben der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit einer Impfung für den Einzelnen spielen bei den STIKO-Empfehlungen auch epidemiologische Aspekte auf Bevölkerungsebene eine Rolle. Viele Empfehlungen der STIKO sind daher auf bestimmte Alters- oder Risikogruppen beschränkt und Grundlage für die spätere Kostenübernahme der unterschiedlichen Kostenträger. Nach §20i Abs. 1 SGB V haben Versicherte grundsätzlich Anspruch auf Impfungen. Dabei ist zu unterscheiden, ob eine Impfung beruflich veranlasst ist oder nicht. Im Falle einer beruflichen Veranlassung, beispielsweise für Personal in Gesundheitseinrichtungen oder bei beruflich bedingten Auslandsaufenthalten, ist in der Regel der Arbeitgeber zuständig für die Kostenübernahme der Impfung. Ausnahmen hierzu sind jedoch in §20i SGB V festgelegt. Für alle anderen Impfungen ist zu unterscheiden zwischen Impfungen gemäß der Schutzimpfungs-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) oder privaten Reiseimpfungen.

Grafik: Impfkalender (Standardimpfungen)

Der G-BA bestimmt das Nähere zu Art und Umfang der Leistungen in einer eigenen Schutzimpfungs-Richtlinie auf der Grundlage der Empfehlungen der STIKO, Abweichungen sind dabei besonders zu begründen. Zu Änderungen der Empfehlungen der STIKO hat der G-BA innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Veröffentlichung eine Entscheidung zu treffen. Kommt eine Entscheidung nicht fristgemäß zustande, dürfen insoweit die von der STIKO empfohlenen Schutzimpfungen mit Ausnahme von Schutzimpfungen nach Satz 2 erbracht werden, bis die Richtlinie vorliegt. In der Anlage 1 der Schutzimpfungs-Richtlinie listet der G-BA für jede einzelne Impfung auf, wann diese Teil des Regelleistungskatalogs der GKV ist.

Private Reiseimpfungen sind grundsätzlich selbst zu zahlen. Allerdings haben die Krankenkassen gemäß §20i Abs. 2 SGB V die Möglichkeit, weitere Schutzimpfungen in ihrer Satzung vorzusehen. Die meisten Krankenkassen in Deutschland machen von dieser Möglichkeit Gebrauch und bieten private Reiseimpfungen als Satzungsleistungen an, wobei der Umfang der Kostenübernahme je nach Krankenkasse variieren kann.

Sonderfall Corona

Falls der Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite ausgerufen hat, besitzt das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gem. §20i Abs. 3 SGB V das Recht, weitere Impfungen oder auch prophylaktische Maßnahmen zu bestimmen, auf die sowohl in der GKV Versicherte als auch nicht in der GKV Versicherte Anspruch haben. Ebenso ist das BMG in diesem Fall ermächtigt, das Nähere zu der Übernahme der Kosten in einer Rechtsverordnung festzulegen und dabei auch auf Mittel der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zurückzugreifen sowie die privaten Krankenversicherungen zu einer anteiligen Kostenübernahme in Höhe von sieben Prozent zu verpflichten.

Die Nationale Impfstrategie Covid-19 wurde entwickelt, um die neuen Impfungen gegen Covid-19-Erkrankungen in Deutschland verfügbar zu machen. Aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit von Covid-19-Impfstoffen und der hohen Dringlichkeit sind dabei ein paar Besonderheiten zu beachten. Es ist vorgesehen, dass in drei Phasen geimpft werden soll. In Phase 1A sollen besonders vulnerable Bevölkerungsgruppen geimpft werden. In Phase 1B und mit mehr verfügbarem Impfstoff sollen die Bevölkerungsgruppen, die Anspruch auf die Impfung haben, ausgeweitet werden. Erst mit ausreichend verfügbarem Impfstoff wird dann in die sogenannte Phase 2 übergeleitet, die voraussichtlich der weiter oben beschriebenen Regelversorgung entspricht. Die Priorisierung der Gruppen erfolgt auch hier durch die STIKO und auf Grundlage von epidemiologischen und ethischen Kriterien unter Einbezug des Deutschen Ethikrats und der Leopoldina.

Aufbau von Impfzentren

Für die ersten beiden Phasen werden derzeit bundesweit Impfzentren gegründet. Die Kosten für den Aufbau und die Organisation werden gemeinsam von den Ländern und aus Mitteln der GKV beziehungsweise aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds sowie gegebenenfalls der privaten Krankenversicherung (PKV) getragen, sofern das BMG in seiner Rechtsverordnung auch einen Anspruch für privat Versicherte regelt. Der Bund beschafft die Impfstoffe zentral und stellt sie den Impfzentren ohne Refinanzierung zur Verfügung.

Mit den ersten europaweiten Zulassungen von Covid-19-Impfstoffen ist noch im Dezember 2020 zu rechnen. Die Geschwindigkeit, in der die Impfstoffe entwickelt wurden, war nur durch intensive internationale Kooperation und Finanzierung der Forschung möglich. Es fehlt bislang an Erfahrungen zu einer Impfstrategie in Zeiten einer Pandemie, sodass damit zu rechnen ist, dass die STIKO die Impfpläne in den nächsten Monaten sukzessive weiterentwickeln und an die jeweilige Situation anpassen wird. Eins zumindest ist sicher: Gesetzlich Krankenversicherte werden die Impfungen kostenfrei erhalten.

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