Medizinstudium

Drei Fragen an Miriam Wawra

Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e. V. (bvmd) engagiert sich für die Interessen von aktuell etwa 100.000 Studierenden. Miriam Wawra studiert Humanmedizin an der Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg und ist für das Jahr 2022 Präsidentin der bvmd.

Portrait: Miriam Wawra, Präsidentin 2022 der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland

Die Nachfrage nach Medizinstudienplätzen ist ungebrochen hoch. Welche Chancen und Perspektiven versprechen sich junge Menschen von einem Abschluss in diesem Fach und haben sich die Erwartungen an den Beruf geändert, etwa was die Work-Life-Balance anbelangt?

Ein großer Motivator sind weiterhin die medizinischen Inhalte und das Arbeiten mit den Patient:innen. Im „Berufsmonitoring Medizinstudierende“, einer großen Umfrage, die wir alle vier Jahre in Kooperation mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, dem Medizinischen Fakultätentag und der Universität Trier durchführen, wird allerdings deutlich, dass sich die Erwartungen an die spätere Berufstätigkeit zunehmend hin zu verlässlichen Arbeitszeiten, Flexibilität, Familienfreundlichkeit, Interprofessionalität und guten Weiterbildungsmodalitäten verändern. Die Studierenden wünschen sich für ihre spätere Berufstätigkeit feste Ansprechpartner: innen, flache Hierarchien, Kinderbetreuung sowie die Möglichkeit, wissenschaftlich auf dem neuesten Stand zu bleiben und Teile der Weiterbildung im ambulanten Sektor zu absolvieren.

Die Hürden, einen Studienplatz in Deutschland zu erhalten, sind relativ hoch. Sind die Weichen richtig gestellt beziehungsweise brauchen wir mehr Studienplätze, um den Bedarf zu decken?

Wir warnen davor, unüberlegt Studienplatzzahlen zu erhöhen. Die Qualität der Lehre muss immer gewährleistet sein und dies benötigt eine ausreichende Anzahl an Lehrpersonal und Räumen sowie genug Kapazitäten für die klinische Ausbildung. Dies sicherzustellen, ist auf die Schnelle nicht immer möglich. Stattdessen sollten sich die Verantwortlichen mehr mit den Gründen beschäftigen, weshalb medizinisches Personal in Teilzeit arbeitet, den Beruf verlässt oder zumindest in patientenferne Tätigkeiten wechselt. Hierfür Lösungen zu finden, ist aber natürlich deutlich komplizierter, zeitintensiver und weniger öffentlichkeitswirksam als die Erhöhung der Studierendenzahl.

Stichwort Versorgung in strukturschwachen Regionen: Wie können junge Menschen dazu motiviert werden, etwa auf dem Land eine ärztliche Tätigkeit auszuüben, welche Anreize könnten dafür geschaffen werden?

Gerade wenn es um die ländliche Primärversorgung geht, wünschen wir uns bessere Arbeitsbedingungen, einen Ausbau der Infrastruktur, die Möglichkeit der Anstellung in Praxen und Medizinischen Versorgungszentren und Familienfreundlichkeit. Auch gute Fortbildungsmöglichkeiten und der fachliche Austausch mit Kolleg:innen sind uns wichtig. Etwa 35 Prozent der Studierenden konnten sich 2018 vorstellen, Fachärzt:in für Allgemeinmedizin zu werden. Wir sollten also keine neuen Quoten einführen, sondern die Attraktivität des Fachgebietes im Studium weiter hervorheben, fakultative Lehre zum Thema Niederlassung und Praxisführung zur Vorbereitung auf die spätere Tätigkeit anbieten und Berufsanfänger:innen besser unterstützen.

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