Die Arzneimittelausgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) haben sich zum zweitgrößten Ausgabenblock nach dem Krankenhausbereich entwickelt. 2024 hat die GKV mehr als 55 Milliarden Euro für Arzneimittel ausgegeben mit einer Steigerungsrate von 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Hauptursache dafür ist, dass vor allem bei Markteinführung neuer Arzneimittel immer höhere Preise von den Herstellern verlangt werden. Der durchschnittliche Packungspreis für neue Arzneimittel lag Anfang 2011 noch bei 902 Euro, 2024 bei über 60.000 Euro. Einige Medikamente erreichen Spitzenpreise von über 2 Millionen Euro für eine einmalige Behandlung. Oft kann im AMNOG-Verfahren jedoch kein Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie (zVT) belegt werden. Damit auch in Zukunft Innovationen finanzierbar bleiben, brauchen wir also dringend Regelungen zur Begrenzung dieser exorbitanten Preisentwicklung.
Der Sachverständigenrat Gesundheit & Pflege hat hierzu wegweisende Ideen vorgelegt. Um die explodierenden Arzneimittelkosten kurzfristig einzudämmen, schlägt er vor, ein globales Budget für patentgeschützte hochpreisige Arzneimittel mit Abschlägen bei Überschreitung einzuführen. Dies ist eine Maßnahme, die auch wir Ersatzkassen von der Politik im Rahmen eines Sofortprogramms einfordern und die rasch umsetzbar wäre. Sehr positiv sehen wir auch die Vorschläge des Rats in Bezug auf Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit der Preisgestaltung bei neuen Arzneimitteln ab Marktzugang.
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Nicht mehr der Hersteller soll demnach seinen Preis bei Marktzugang freihändig festlegen dürfen, bis sich das Unternehmen und der GKV-Spitzenverband nach sechs Monaten auf einen Erstattungsbetrag geeinigt haben. Vielmehr soll ein Interimspreis eingeführt werden, der sich am Preis der zVT orientiert. Die Differenz von Interimspreis und Erstattungspreis soll rückwirkend ausgeglichen werden. Eine faire Regelung!
Darüber hinaus sollen die Arzneimittelpreise nicht dauerhaft gelten, sondern konsequent an den Preis der zVT gekoppelt werden. Dafür ist die regelhafte Reevaluation bereits bewerteter Arzneimittel ebenso zu begrüßen wie die dafür notwendige vorgesehene Stärkung der Dateninfrastruktur. Wenn mehrere gleichwertige Arzneimittel auf dem Markt verfügbar sind, sollten zudem wirkstoffübergreifende Ausschreibungen zum Einsatz kommen.
Sehr wichtig ist auch die Feststellung der Sachverständigen, dass die Preisgestaltung von Arzneimitteln nicht industriepolitisch motiviert sein darf. Wir unterstützen echte Innovationen, die GKV ist jedoch nicht dafür da, den Wirtschaftsstandort Deutschland zu fördern. Der Sachverständigenrat hat geliefert, jetzt kommt es auf den Reformwillen der Politik an, die guten Vorschläge des Rats auch umzusetzen.
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