Inmitten von Protestaktionen der Vertragsärzteschaft und steigender Lebenshaltungskosten haben die Verhandlungen zum ärztlichen Honorar 2024 auf Bundesebene stattgefunden. Nach zähem Ringen und unter Beteiligung des Schiedsgremiums konnte am 13. September 2023 schließlich ein Ergebnis erzielt werden.
Die Rahmenbedingungen hätten einfacher sein können für die diesjährigen Verhandlungen zum ärztlichen Honorar zwischen Krankenkassen und Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV). Wie jedes Jahr im August und September stand vor allem die Anpassung des Orientierungswertes im Mittelpunkt der gemeinsamen Beratungen im Bewertungsausschuss. Der Orientierungswert wird gemäß den gesetzlichen Vorgaben vor allem so angepasst, dass Kostenveränderungen in den Arztpraxen ausgeglichen werden.
Da diese Daten häufig erst mit erheblicher Verzögerung vorliegen, wird für den Orientierungswert 2024 die Entwicklung der Praxiskosten 2021/22 betrachtet. Diese war bereits durch steigende Verbraucher- und Produzentenpreise aufgrund der Lieferengpässe nach der Corona-Pandemie und des Kriegs Russlands gegen die Ukraine geprägt. Daneben forderte die KBV unter anderem einen vollständigen Inflationsausgleich auch für die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte sowie eine Erhöhung der Gehälter der Medizinischen Fachangestellten (MFA) um 300 Euro monatlich, die voll durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) refinanziert werden sollte. Insgesamt summierten sich die Forderungen der Vertragsärzteschaft damit auf mehr als zehn Prozent, also über vier Milliarden Euro.
Auch die Krankenkassen sahen die Notwendigkeit, die steigenden Praxiskosten abzufedern und auch die leicht sinkenden Überschüsse der Vertragsärzte aus GKV-Behandlungen 2021/22 zu berücksichtigen. Gleichzeitig konnte ein vollständiger Ausgleich der Teuerungsrate bei einer gutverdienenden Berufsgruppe auf Kosten aller Beitragszahlenden nicht infrage kommen. Das GKV-Angebot lag mit 2,1 Prozent erheblich über dem der Vorjahre, aber dennoch weit von den Forderungen der KBV entfernt.
Letztendlich waren die Positionen doch derart unterschiedlich, dass beide Seiten entschieden, nach zahlreichen Verhandlungsrunden den Erweiterten Bewertungsausschuss als Schiedsgremium anzurufen. Dort konnte unter der Moderation der unparteiischen Mitglieder ein Ergebnis erzielt werden, dem am Ende auch alle Seiten zugestimmt haben: Der Orientierungswert steigt zum 1. Januar 2024 um 3,85 Prozent, was einem Finanzvolumen von etwa 1,6 Milliarden Euro entspricht. Außerdem wurde vereinbart, für den wichtigen Bereich der MFA-Personalkosten ein Verfahren zu etablieren, mit dem Tarifsteigerungen zukünftig ein Jahr früher in den Verhandlungen zum Orientierungswert Eingang finden.
Insgesamt also ein für alle Seiten tragbarer Abschluss, der die besonderen Rahmenbedingungen für alle Akteure adäquat berücksichtigt. Auf dieser Grundlage werden nun auf regionaler Ebene die Verhandlungen fortgesetzt.
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