Krankenhaustransparenzgesetz

Entscheidungshilfe bei der Krankenhaussuche

Der Bundestag hat am 21. September 2023 in erster Lesung über den Entwurf eines Krankenhaustransparenzgesetzes beraten. Ziel ist es, durch eine interaktive Landkarte des stationären Versorgungsangebots mehr Transparenz über Leistungsniveau und Qualität in den einzelnen Häusern zu schaffen.

Ärzte im OP

Während hinter den Kulissen zwischen Bund und Ländern um die Details der Krankenhausstruktur- und Vergütungsreform gerungen wird, stellt sich Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach mit der schnellen Vorlage des Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Qualität der stationären Versorgung durch mehr Transparenz (Krankenhaustransparenzgesetz) wieder an die Spitze des Reform- Marathons im stationären Bereich. Die konkrete Gesetzgebung beginnt somit in einem Bereich, in dem man, zumindest auf den ersten Blick, nicht auf die Unterstützung der Länder angewiesen ist. Gleichwohl handelt es sich dennoch um eine Maßnahme des Eckpunktepapiers, das zwischen Bund und Ländern geeint war und in dem der Umsetzungsweg über ein zustimmungsfreies Gesetz vorgesehen ist. Inhaltlich adressiert der Gesetzentwurf mit der Einteilung der Krankenhäuser in Versorgungslevel jedoch exakt jenen Reformbaustein, den die Länder von Beginn an nicht mittragen wollten. Insofern birgt das forsche Vorgehen des Bundesministers erhebliche Risiken, das Verhandlungsklima zwischen den Beteiligten weiter zu belasten.

Das Krankenhaustransparenzgesetz soll die Einschätzung von Leistungsniveau und Qualität der stationären Versorgungsangebote erleichtern und mithilfe einer interaktiven Landkarte besser zugänglich machen. Diese Karte enthält dann eine Zusammenstellung bereits verfügbarer Qualitätsinformationen und wird ergänzt um die im Rahmen der Krankenhausreform vorgesehenen Leistungsgruppen, die nach einheitlichen Standards erbracht werden, sowie die Personalausstattung. Zusätzlich erfolgt eine Einteilung in Versorgungsstufen (Level).

Die Zuordnung der Krankenhäuser zu Leveln wird operationalisiert, indem Maßzahlen vorgegeben werden. Um ein Krankenhaus beispielsweise dem Level 2 zuzuordnen, muss es Leistungen aus mindestens zwei internistischen und zwei chirurgischen Leistungsgruppen anbieten sowie Leistungen der Intensivmedizin und Notfallmedizin und drei weitere Leistungsgruppen. Die Einteilung soll keine Auswirkung auf die Krankenhausplanung der Länder und die Krankenhausvergütung haben. Die dafür erforderliche Datenzusammenstellung soll durch das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) mit Zuarbeit des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) geleistet werden.

Bemerkenswert ist der große Widerstand, der dem Plan von Ländern und Krankenhausträgern entgegenschlägt. Dies wurde schon in den Verhandlungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe deutlich. Doch welche Sorge steckt hinter diesem Widerstand gegen allgemeinverständlichere Formen der Qualitätsberichterstattung, den sich auch die Landesgesundheitsminister: innen zu eigen machen? Werden hier die Interessen der Patient:innen denen der Leistungsanbieter untergeordnet? In Diskussionen wird die These vertreten, die Einordnung von Krankenhäusern in „niedrige“ Level könne rufschädigend wirken und zu einer Abwanderung der Patient: innen führen. Aber könnte umgekehrt nicht auch eine Chance darin liegen, durch eine allgemeinverständliche Darstellung des Leistungsvermögens für Patient:innen attraktiver zu sein, deren Leistungsbedarf abgedeckt ist und die somit dort am besten aufgehoben sind?

Die Ersatzkassen engagieren sich gemeinsam mit allen Krankenkassen und ihren Verbänden seit geraumer Zeit dafür, Qualitätsdaten viel stärker auch zur Leistungssteuerung zu nutzen. Im Rahmen der gemeinsamen Selbstverwaltung unter dem Dach des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) werden viele Richtlinien entwickelt und umgesetzt. Deshalb wäre es auch eine Option gewesen, die vorhandene Rechtsgrundlage des G-BA deutlich zu stärken und ihm weitere, auch mit Zeitzielen versehene Befugnisse zu erteilen. Doch für Lauterbach scheint es prioritär zu sein, das Transparenzverzeichnis nun mit seinem Handeln in der Krankenhausreform zu verknüpfen. Um eine sehr schnelle Umsetzung schon zum 1. April 2024 zu erreichen, soll das IQTIG die Aufgabe laut Gesetzentwurf vorrangig zu allen anderen Aufgaben erfüllen. Das könnte zu Nachteilen für viele andere wichtige Aufgaben des IQTIG führen, die ebenfalls der Qualitätstransparenz dienen und mitunter direkter wirksam sind als die Leveleinteilung. Dies gilt zum Beispiel für das Instrument der Mindestmengen. Dass diese direktive Aufgabenzuteilung erneut die Rechte der Selbstverwaltung verletzt und die Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) dafür zur Kasse gebeten werden (weil sich die genannten Institute über GKV-Mittel finanzieren), ist ein weiterer Aspekt, der jedoch bei der Politik kaum eine Rolle zu spielen scheint.

Das Transparenzverzeichnis ist dennoch ein guter Schritt. Wünschenswert wäre es, wenn es auch Informationen enthielte, wie die Krankenhäuser zur Zuweisung ihrer Leistungsgruppen gelangt sind – ob alle Qualitätsvorgaben erfüllt waren oder Planungsbehörden von den im Rahmen der Krankenhausreform angedachten Ausnahmeregelungen Gebrauch gemacht haben. Auch das ist für Patient:innen und Einweisende eine wichtige Information.

Bis dieses Gesetz seinen Weg in das Bundesgesetzblatt findet, dürfte allerdings noch Zeit vergehen. Die Länder haben umfassenden Widerstand angekündigt. Derzeit wird der Entwurf als Initiative des Bundestags beraten. Die sonst übliche Einholung einer Stellungnahme des Bundesrats war hier nicht erforderlich und man konnte sich die erwartbare, umfassende Kritik der Länderkammer zu diesem frühen Zeitpunkt ersparen. Nach Beschluss des Bundestages, der schon Ende Oktober 2023 erfolgen soll, wird das Gesetz aber der Länderkammer zugeleitet werden und diese dürfte nach heutigem Stand der Dinge zunächst ein Stoppschild in Form einer Anrufung des Vermittlungsausschusses aufstellen. Wie es dann weitergeht, wird nur in der Gesamtschau mit den bis dahin vorangeschrittenen Arbeiten an der großen Krankenhausreform zu beurteilen sein.

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