Einwurf

Halbzeitbilanz der Bundesregierung: viel begonnen, noch viel zu tun!

Mit guten Vorsätzen ist die Ampelkoalition vor rund zwei Jahren gestartet. Für den Bereich Gesundheit und Pflege wurden wegweisende Reformen im Koalitionsvertrag angekündigt. Eine stabile Finanzierung des Gesundheitswesens und der Pflege ist eine der zentralen Verabredungen. Die Reform der Krankenhausstrukturen und der Notfallversorgung, die Weiterentwicklung des Präventionsgesetzes und die Digitalisierung des Gesundheitswesens sind weitere zentrale Versprechen. Auch ein Aktionsplan zum Gesundheitsziel „Gesundheit rund um die Geburt“ wurde fest zugesagt. Rund zwei Jahre nach der Bundestagswahl sind erste inhaltliche Ausgestaltungen zwar umgesetzt, es bleibt aber viel zu tun.

Positiv sind die beiden Gesetzesvorhaben zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Die Einführung einer Widerspruchslösung bei der elektronischen Patientenakte (ePA) und deren automatisierte Befüllung durch die Leistungserbringenden sowie die verpflichtende Einführung eines elektronischen Rezepts werden dazu führen, dass die ePA und Co. endlich in der Versorgung ankommen. Dass Gesundheitsdaten zu Forschungszwecken genutzt werden können und Krankenkassen ihre Versicherten über gesundheitliche Risiken informieren dürfen, ist ein weiterer Pluspunkt.

Mut hat der Bundesgesundheitsminister in Sachen Krankenhausreform bewiesen. Die langen Diskussionen mit den Ländern haben gezeigt, dass dies keine leichte Aufgabe werden wird. Doch die vereinbarten Eckpunkte eröffnen die Chance, die Krankenhausversorgung zukünftig stärker nach Qualität zu strukturieren. Allerdings regiert das Gesundheitsministerium über die Köpfe der Selbstverwaltung hinweg. Statt gemeinsam an praxisnahen Lösungen zu arbeiten, bleiben die handelnden Akteure außen vor. Die Selbstverwaltung hat nicht zuletzt in der Pandemie unter Beweis gestellt, dass sie in der Lage ist, Lösungen zu erarbeiten und umzusetzen. Die Beteiligung und Einbindung der Selbstverwaltungspartner ist ein Erfolgsgarant für eine moderne Versorgung der Versicherten.

Was bei der Vorhabenpriorisierung fehlt, ist nach wie vor eine zukunftssichernde Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und sozialen Pflegeversicherung (SPV). Die umlagefinanzierten Systeme ermöglichen eine wohnortnahe und moderne Versorgung für die Bevölkerung. Allerdings müssen die finanziellen Verantwortlichkeiten auch klar definiert werden: Allein für die Leistungen im Bereich des Bürgergeldes zahlt die GKV jährlich rund zehn Milliarden Euro. Es braucht eine auskömmliche Refinanzierung aller versicherungsfremden Leistungen. Die Politik muss ihrer Verantwortung dafür gerecht werden.

Portraitbild vdek-Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner

Als Ersatzkassen stehen wir für die Ausgestaltung der Versorgung bereit! Wichtig ist, dass sich jeder Akteur auf seine Kerngebiete fokussiert, denn so hat unser System Erfolg. Die Politik gibt den Rahmen vor, wir als Selbstverwaltung füllen ihn aus. Als proaktive Gestalter des Systems stehen wir für praxisnahe Lösungen und ein starkes und verlässliches Gesundheits- und Pflegesystem.

Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek

Weitere Artikel aus ersatzkasse magazin. (5. Ausgabe 2023)

  1. Dr. Thomas Kaiser, Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)
    Interview mit Dr. Thomas Kaiser, Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

    „Mehr Daten allein reichen nicht“