ESSR-Aktionsplan

Synergien für soziale Gleichheit

Die Europäische Säule sozialer Rechte (ESSR) soll dem sozialen Europa ein Gesicht geben. Ihr Zielekanon ist weitestgehend unstrittig, ihre Umsetzung aber freiwillig. Richtig genutzt, kann sie dennoch Stärke entfalten und zum Abbau sozialer Ungleichheit in Europa beitragen.

Zwei ineinandergreifende Hände in den Farben der Europäischen Union

Die Covid-19-Pandemie zeigt, wie wichtig die soziale Sicherung ist. Gleichzeitig drohen sich in der Krise soziale Ungleichheiten zu verschärfen. Politische Antworten soll der Aktionsplan zur Umsetzung der ESSR geben, welcher im ersten Quartal 2021 durch die Europäische Kommission veröffentlicht werden soll. Die ESSR wurde 2017 von den europäischen Institutionen verabschiedet und gibt dem „sozialen Europa“ Kontur.

Die ESSR soll Chancengleichheit und den Zugang zum Arbeitsmarkt verbessern sowie faire Arbeitsbedingungen schaffen. Daneben soll sie den Sozialschutz und die soziale Inklusion verbessern. Die wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten innerhalb und zwischen den EU-Staaten, die geänderten Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie der demografische Wandel gaben Anlass, diese Ziele klar zu postulieren. Dies ist in Form von 20 Grundsätzen geschehen. Über Empfehlungen reichen sie nicht hinaus und das ist auch nachvollziehbar. Denn die Sozialpolitik ist Sache der Mitgliedstaaten. Gegen eine Hilfestellung hat aber auch der einzelne Nationalstaat nichts einzuwenden. Die ESSR ist ein wichtiger Baustein in der Kohäsionspolitik der Union. Sie weist auf bestehenden Handlungsbedarf hin und bietet damit eine Chance, dass sich die Lebensverhältnisse in der Union in sozialer Hinsicht einander annähern.

Im Bereich der Gesundheitsversorgung gibt die ESSR beispielsweise vor, dass jede Person das Recht auf rechtzeitige, hochwertige und bezahlbare Gesundheitsvorsorge und Heilbehandlung hat. Doch die Gesundheitssysteme sind in den Mitgliedsländern sehr unterschiedlich ausgestaltet. Einer Umfrage aus dem Jahr 2019 zufolge sind in Estland 15,5 Prozent der Befragten der Meinung, dass ihre Bedarfe nicht erfüllt werden. Zu hohe Kosten, große Entfernungen zu den Behandlern und lange Wartezeiten sind die Gründe. In Deutschland oder Luxemburg liegen diese Zahlen wenig überraschend bei nur 0,3 beziehungsweise 0,2 Prozent.

Über länderspezifische Empfehlungen hinaus kann die Union einiges tun, um die Ziele der ESSR und ihre Umsetzung zu unterstützen. Die Spitzenorganisationen der deutschen Sozialversicherung der Europäischen Kommission haben konkrete Hinweise gegeben, wo europäisches Engagement hilfreich ist. Ausdrücklich haben sie dabei die Arzneimittelstrategie hervorgehoben, die unter anderem den Zugang zu wichtigen und bezahlbaren Arzneimitteln sichern soll und Maßnahmen vorschlägt, um Lieferengpässen vorzubeugen. Der Aktionsplan zur ESSR sollte auch solche Synergien vorsehen.

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