Im Oktober 2019 wurde das neue Qualitäts- und Prüfsystem für die vollstationäre Pflege eingeführt. Dieses verknüpft das interne Qualitätsmanagement der Pflegeheime mit der externen Prüfung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK). Das neue System ist erfolgreich gestartet.
Das neue System, das auf wissenschaftlicher Grundlage entwickelt wurde, steht auf drei Säulen: der internen Qualitätssicherung in den Pflegeheimen, der externen Qualitätsprüfung durch den MDK und der neuen Qualitätsdarstellung für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Pflegeheime erheben halbjährlich Ergebnisindikatoren zur Versorgung ihrer Bewohnerinnen und Bewohner und übermitteln diese an eine unabhängige Datenauswertungsstelle. Dabei erfassen die Einrichtungen, wie mobil und selbstständig die Bewohnerinnen und Bewohner sind, wie viele wie oft an Dekubitus oder an den Folgen von Stürzen leiden und anderes mehr. Die Datenauswertungsstelle prüft die Daten und wertet sie aus. Jedes Heim wird mit Referenzwerten aus anderen Einrichtungen verglichen. In Zukunft wird jede Einrichtung mit den bundesweiten Indikatorenergebnissen aller Pflegeheime verglichen. Dieses komplexe System, bei dem viele Schnittstellen miteinander verbunden sind und die ineinander greifen müssen, hat den Praxistest bestanden. Die technischen Abläufe zwischen Pflegeeinrichtung, Datenauswertungsstelle, Datenclearingstelle und den Medizinischen Diensten laufen problemlos.
Die externe Bewertung der Pflegequalität durch den MDK basiert wie bisher auf der persönlichen Inaugenscheinnahme sowie dem Gespräch mit den Bewohnerinnen und Bewohnern. Die Prüferinnen und Prüfer stellen in jeder Einrichtung anhand einer Stichprobe von neun Personen die Qualitätssituation fest und untersuchen die individuelle Versorgung. Neu ist, dass der MDK nicht mehr Einzelkriterien nach einem Ja-Nein-Schema prüft, sondern dass die einzelnen Qualitätsaspekte mittels Leitfragen erschlossen werden. Die Qualitätsaspekte umfassen die Unterstützung in besonderen Bedarfs- und Versorgungssituationen, bei Mobilität und Selbstversorgung sowie bei der Bewältigung von krankheits- und therapiebedingten Anforderungen und Belastungen.
Die Fallkonstellationen, die sich daraus ergeben, können mit der neuen Bewertung besser abgebildet und die individuelle Versorgungssituation genauer eingeschätzt werden. Ein weiterer wichtiger Baustein ist das Fachgespräch. Die Prüferinnen und Prüfer besprechen mit den Pflegefachkräften vor Ort die Versorgung der in die Prüfung einbezogenen Bewohner. Im Abschlussgespräch berät der MDK das Pflegeheim und gibt konkrete Empfehlungen, wie die Versorgungsqualität optimiert werden kann. Die ersten Auswertungen zeigen: Die pflegefachliche Beratung auf Augenhöhe hat an Bedeutung gewonnen und sie wird von beiden Seiten geschätzt.
Erste Prüfergebnisse zeigen gutes Qualitätsbild
Eine erste, nicht repräsentative Analyse zeigt, dass der MDK bei den Personenstichproben ganz überwiegend „keine oder geringe Qualitätsdefizite“ festgestellt hat. „Erhebliche“ oder „schwerwiegende“ Qualitätsdefizite kamen bislang selten vor. Festzustellen ist aber auch, dass manche Qualitätsaspekte – wie zum Beispiel Wundversorgung, Unterstützung bei der Eingewöhnungsphase oder bei herausforderndem Verhalten – häufiger nicht geprüft werden konnten. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Ergebnisse weiterentwickeln und welche Schlüsse dann daraus zu ziehen sind.
Vielzahl an Informationen stehen zur Verfügung
Grundlegend neu wurde auch die Qualitätsdarstellung für die Verbraucherinnen und Verbraucher gestaltet. In die Qualitätsdarstellung fließen Informationen aus drei Quellen ein: aus vom Heim selbst erhobenen und von der Datenauswertungsstelle ausgewerteten Ergebnisindikatoren, aus den MDK-Prüfergebnissen und aus allgemeinen Informationen der Einrichtung. Die Inhalte der Qualitätsdarstellung haben GKV-Spitzenverband und Verbände der Leistungserbringer auf Bundesebene in einer Vereinbarung festgelegt. Entsprechend der Qualitätsdarstellungsvereinbarung wurden die Webportale der Pflegekassen – so zum Beispiel auch der vdek-Pflegelotse – neu gestaltet. Die Verbraucherinnen und Verbraucher können dort aus einer Vielzahl an Informationen dynamisch auswählen. Derzeit sind bereits mehrere hundert Qualitätsdarstellungsberichte auf den Webportalen der Pflegekassen veröffentlicht.
Lernphase für Einrichtungen und Prüfinstitutionen
Die neue Qualitätswelt steht auf einem soliden, fachlichen Fundament. Die Einführungsphase ist erfolgreich umgesetzt und sie sollte von allen Beteiligten als konstruktive Lernphase verstanden werden. Die neue Prüfphilosophie, der damit verbundene Beratungsansatz und die differenzierte Bewertung der Qualitätsergebnisse setzen wichtige Impulse für die weitere Qualitätsentwicklung. Von Vorteil ist auch, dass sich das neue Qualitätssystem an die aktuellen Entwicklungen in den Pflegeheimen anpasst. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass immer mehr Menschen mit gerontopsychiatrischen Einschränkungen dort zu begleiten sind. Die Einführung der Ergebnisindikatoren stärkt das interne Qualitätsmanagement der Einrichtungen und es ermöglicht ein konstruktives Zusammenspiel von interner Qualitätssicherung und externer Qualitätsprüfung.
Gutes Fundament bietet Chance für zielgerichtete Weiterentwicklung
Der Übergang in die neue Qualitätswelt ist gelungen. Perspektivisch wird zu überlegen sein, ob es fachlich angezeigt ist, die Qualität dauerhaft an Durchschnittswerten der Einrichtungen zu messen. Möglicherweise wäre es für die Versorgungsentwicklung besser, Der Übergang in die neue Qualitätswelt ist gelungen. Der vdek-Pflegelotse unterstützt bei der Suche nach einer geeigneten Pflegeeinrichtung und informiert über Qualität, Lage und Kosten. www.pflegelotse.de fachlich entwickelte Sollwerte festzulegen. Mit Blick auf die MDK-Prüfergebnisse ist zu fragen: Führt die derzeitige Bewertungssystematik zu einer ausreichenden Differenzierung? Unser erster Eindruck ist: Bei den Pflegeeinrichtungen müssen viele Prozess- und Ergebnisdefizite vorliegen, damit negative Bewertungskategorien wie „erhebliche“ bzw. „schwerwiegende“ Qualitätsdefizite zum Tragen kommen. Die ersten Ergebnisse scheinen dies zu bestätigen. Dann bestünde aber weiterhin die Gefahr, dass der Großteil der Einrichtungen bei den meisten Qualitätsaspekten überwiegend mit „keine oder geringe Qualitätsdefizite“ oder „moderate Qualitätsdefizite“ abschneidet. Dies darf aber nicht der Fall sein, wenn bei den Bewohnerinnen und Bewohnern Mängel festgestellt wurden. Sollte dies der Fall sein, dann ist über eine stärkere Differenzierung bei der Darstellung der MDK-Prüfergebnisse nachzudenken.
Regelprüfungen wegen Corona ausgesetzt
Alle diese Fragen gilt es, in Zukunft weiter zu bearbeiten. Durch die Corona-Pandemie ist der begonnene Weg unterbrochen worden. Um das Infektionsrisiko für besonders verletzliche Personengruppen zu vermindern und die Einrichtungen während der Pandemie zu entlasten, war es notwendig, die Regelprüfungen kurzfristig bis Ende September 2020 auszusetzen. Dies wird dazu führen, dass nicht wie geplant alle Einrichtungen bis zum Jahresende einmal nach dem neuen System geprüft werden können. Es wird daher zu Verzögerungen kommen. Sobald jedoch die Krise überwunden ist, wird der Prozess wieder engagiert aufgenommen und an der weiteren praktischen Umsetzung gearbeitet werden. Im nächsten Schritt wird dann das neue Qualitäts- und Prüfsystem für die teilstationäre und für die ambulante Pflege auf den Weg zu bringen sein.