Strategie

Testen als Baustein der Pandemiebekämpfung

Selbsttests an der Supermarktkasse, kostenlose Schnelltests einmal wöchentlich: Eine große Hoffnung im Kampf gegen die Pandemie liegt auf wiederholten und flächendeckenden Testungen. Doch was genau unterscheidet einen Antigen-Test von einem PCR-Test, wie zuverlässig sind die verschiedenen Tests und welche Chancen könnten sie eröffnen?

Illustration: Corona-Selbsttest

Mit der Neufassung der Corona-Testverordnung im März 2021 erhielten sogenannte Antigentests eine gewichtige Rolle in der nationalen Teststrategie: Beschäftigten sowie Kindern in Schulen und Kitas wurde der Anspruch auf zwei Testungen pro Woche gewährt, Unternehmen sollen in Präsenz arbeitenden Beschäftigten regelmäßige Testangebote machen. Außerdem hat jeder Bürger Anspruch auf einen kostenlosen Test pro Woche. Der in diesen Fällen eingesetzte Antigen-Schnelltest ist jedoch nur eines von drei derzeit eingesetzten Testverfahren.

Der Antigen-Selbsttest

Noch niedrigschwelliger als der Schnelltest ist der Selbsttest. Die Probenentnahme und Auswertung erfolgen durch einen Laienanwender. Dabei wird häufig ein Abstrich im vorderen Nasenbereich durchgeführt. Weiterhin kann die Probenentnahme auch durch einen Wangenabstrich, Gurgeltest oder Spucktest erfolgen. Diese Verfahren können etwa Testungen in der Kita oder einem Pflegeheim vereinfachen. Die Tests schlagen vor allem bei hoher Viruslast kurz vor Auftreten der Symptome bzw. in der frühen symptomatischen Phase an.

  • Zugang und Verfügbarkeit: Antigen-Selbsttests sind zum Beispiel in Supermärkten, Drogerien und Apotheken ab ca. fünf Euro pro Test erhältlich.
  • Testergebnis: nach 15–30 Minuten
  • Gültigkeit: 24 Stunden

Der Antigen-Schnelltest

Die Probenentnahme erfolgt über einen Nasen- oder Rachenabstrich durch geschultes Personal. Die Auswertung kann direkt vor Ort erfolgen.

  • Zugang und Verfügbarkeit: Die Durchführung findet beispielsweise in Arztpraxen und Testzentren statt. Der Test kann dort ohne Symptome zur vorbeugenden Testung und als Fremdschutz durchgeführt werden. Der Getestete erhält eine Bescheinigung über das Testergebnis. Auch der Antigen-Schnelltest schlägt vor allem bei einer hohen Infektiosität an.
  • Testergebnis: nach 15–30 Minuten
  • Gültigkeit: 24 Stunden

Der PCR-Test

Der PCR-Test gilt als Goldstandard der Corona-Testverfahren. Medizinisches Fachpersonal führt dabei einen Nasen- oder Rachenabstrich durch. Die Auswertung findet im Labor statt. Der PCR-Test kann das Virus auch längere Zeit nach einer Erkrankung nachweisen.

  • Zugang und Verfügbarkeit: Die Durchführung erfolgt in Arztpraxen, Testzentren oder Kliniken bei Symptomen, im Verdachtsfall oder zur Bestätigungsdiagnostik nach einem positiven Antigentest.
  • Testergebnis: nach etwa 24 Stunden
  • Gültigkeit: 48 Stunden    

Zuverlässigkeit der Testverfahren

Antigentests können wesentlich schneller als die laborbasierten PCR-Tests durchgeführt werden. Im Vergleich mit der PCR-Testung erkennen die Antigentests jedoch sowohl infizierte Personen schlechter (niedrigere Sensitivität) als auch nicht-infizierte Personen schlechter (niedrigere Spezifität). Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte entscheidet über die Zulassung der Antigentests. Dabei gelten die Mindestkriterien des Paul-Ehrlich-Instituts. Demnach muss die Sensitivität der Tests mindestens 80 Prozent und die Spezifität mindestens 97 Prozent betragen. Neben der Sensitivität und Spezifität hängt die Aussagekraft der Antigentests zudem vom Anteil der Infizierten unter den getesteten Personen ab. Gemäß dem statistischen Prinzip der sogenannten Vortestwahrscheinlichkeit gilt: Sind unter den Getesteten nur wenige Personen tatsächlich infiziert, dann sind positive Testresultate unzuverlässiger. Wenn unter den getesteten Personen sehr viele Personen infiziert sind, dann sind positive Testresultate zuverlässiger.

Umgang mit den Testergebnissen

Ein positives Testergebnis nach Durchführung eines Antigentests stellt zunächst einen Verdacht auf eine SARS-CoV-2-Infektion dar und sollte zur eigenverantwortlichen häuslichen Quarantäne führen. Für eine gesicherte Diagnose muss das Ergebnis durch einen PCR-Test bestätigt werden. Die Labore sind auf den möglichen Anstieg der PCR-Tests durch die erweiterte Teststrategie vorbereitet. Bei negativen Testergebnissen dürfen herkömmliche Maßnahmen wie Hygiene- und Abstandsregeln jedoch in keinem Fall vernachlässigt werden.

Chancen umfangreicher Testungen

Ein Großteil der Übertragungen wird durch symptomfreie Personen verursacht. Antigentests können bei niedrigschwelliger Anwendung zur Entdeckung dieser sonst unerkannten Fälle führen. Somit können sie zeitnah auf Übertragungscluster hinweisen und zur Unterbrechung von Übertragungsketten führen. Studien weisen darauf hin, dass häufig wiederholte und flächendeckende Testungen mit schnellen Ergebnissen die Verbreitung des Coronavirus verlangsamen können. Dieser Effekt kann trotz der eingeschränkten Sensitivität der Antigentests erzielt werden.

Antigentests besitzen zudem das Potenzial Öffnungsschritte abzusichern. Im März 2021 wurde beschlossen, dass die Länder im Rahmen von zeitlich befristeten Modellprojekten in einigen ausgewählten Regionen mit strengen Schutzmaßnahmen und einem Testkonzept einzelne Bereiche des öffentlichen Lebens wieder öffnen. Tübingen hat als eine der ersten Städte die Umsetzbarkeit von Öffnungsschritten unter Nutzung eines konsequenten Testregimes erprobt. Das Prinzip: Wer an einer der Teststationen in der Stadt einen Schnelltest macht, bekommt bei einem negativen Ergebnis ein Tagesticket. Mit diesem Tagesticket dürfen die Getesteten dann in Geschäften shoppen oder ins Kino gehen. Die herkömmlichen Hygiene- und Abstandsregeln müssen jedoch weiterhin eingehalten werden.

Zumal Impfstoffe noch nicht in ausreichenden Mengen für alle Altersgruppen zur Verfügung stehen, können Antigentests die Sicherheit erhöhen. Gerade in Hinblick auf steigende Infektionszahlen und neue Virusmutationen ist es sinnvoll, die Anwendung der Tests als Baustein in der Pandemiebekämpfung in die flächendeckende und zielgerichtete Umsetzung zu bringen. Gleichzeitig sind gezielte und breitflächige Informationskampagnen zur verantwortungsvollen Nutzung der Tests durch Laien sowie zum Umgang mit den Testergebnissen essenziell. Denn wenn die Bürger nicht ausreichend über die Grenzen und den Nutzen der Tests aufgeklärt sind, kann das Vertrauen in die Testungen schnell verloren gehen.

Weitere Artikel aus ersatzkasse magazin. 1. Ausgabe 2021