Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA)

Drei Fragen an Prof. Josef Hecken

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat sich ein vielfältiges Arbeitsprogramm für das laufende Jahr vorgenommen, das auch die hohen Erwartungen des Gesetzgebers widerspiegelt. Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA, gibt einen Einblick.

Prof. Josef Hecken, Vorsitzender des G-BA

Welche Aufgaben stehen in den nächsten Monaten prioritär auf der Agenda?

Neben dem vermeintlichen Alltagsgeschäft stehen auch gesetzliche Aufträge an, mit denen wir Neuland betreten. So werden wir beispielsweise die Details für ein Ersteinschätzungsverfahren definieren, das in der ambulant-stationären Notfallversorgung helfen soll, die Dringlichkeit des Behandlungsbedarfs einzuschätzen. Zudem beraten wir die sogenannte Komplexbehandlung für schwer psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche weiter – im letzten Jahr hatten wir im ersten Schritt nur für die Altersgruppe der Erwachsenen beschlossen, wie dieses neue Versorgungsangebot auszugestalten ist. Ein weiterer wichtiger Punkt: Jenseits der Arbeiten an spezifischen Behandlungsprogrammen für chronische Erkrankungen, den DMP, wird der G-BA eine Diskussion um die stagnierenden DMP-Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern anstoßen.

Wo sehen Sie besondere Herausforderungen für die Gesundheitsversorgung?

Dank des medizinisch-technischen Fortschritts können Krankheiten früher entdeckt und besser behandelt werden. Doch Innovationen gehen erfahrungsgemäß erstmal mit Kostensteigerungen einher. Im vergangenen Jahr wurden in der gesetzlichen Krankenversicherung über 270 Milliarden Euro ausgegeben, die Beitragssätze liegen auf einem Rekordniveau. Um eine Rationierung von Leistungen über Kosten-Nutzen-Bewertungen wie in Großbritannien zu vermeiden, müssen wir uns noch stärker vergegenwärtigen: Nur Leistungen, die medizinisch nützlich sind, können auch wirtschaftlich sein. Und damit sind wir beim Kerngeschäft des G-BA, der ja nicht nur bei neuen Arzneimitteln und Methoden den Nutzen prüft, sondern auch ambulante und stationäre Versorgungsangebote so mitgestaltet, dass sie eine möglichst gute Qualität erbringen. Die Arbeits- und Entscheidungsfähigkeit des G-BA müssen wir entsprechend weiter optimieren, ohne dabei das Evidenzniveau seiner Entscheidungen abzusenken.

Wie stellen Sie sich die künftige Ausgestaltung des Innovationsfonds vor, etwa mit Blick auf die Prozesse, Transparenz und das Fördervolumen?

Der Fonds arbeitet mit dem Geld der gesetzlichen Krankenversicherung und hat auch aus diesem Grund nicht nur Befürworter. Umso wichtiger ist es, dass nun externe Gutachter in ihrer jüngst vorgelegten Evaluation ein positives Gesamtfazit ziehen und empfehlen, den Innovationsfonds dauerhaft als Förderinstrument beizubehalten. Die aufgebauten Strukturen und Prozesse werden als effektiv bewertet, die erreichte Transparenz ist hoch. Ich gehe davon aus, dass einige Aspekte aus dem Gutachten in das Gesetzgebungsverfahren zur Anpassung der bisherigen Rechtsgrundlagen einfließen werden – in diese politische Debatte werden wir uns dann mit einbringen.

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