Für die Stärkung von Patientensicherheit engagieren sich die Ersatzkassen durch zahlreiche Initiativen und Projekte. Diese reichen von der Aufklärung über die Beratung von Versicherten bis hin zur Erforschung von Behandlungsfehlern. Auch die Möglichkeiten der Digitalisierung werden dabei produktiv genutzt.
Krankenhauskeime, Komplikationen, Corona: Für manche ist ein nahender Klinikaufenthalt mit Ängsten verbunden. Jener Ort, der eigentlich Gesundheit fördern oder herstellen soll, wird dann selbst als Gesundheitsrisiko empfunden. Wie verbreitet solche Sorgen sind, lässt die KKH Kaufmännische Krankenkasse jedes Jahr zum Welttag der Patientensicherheit untersuchen. Ein überraschendes Ergebnis der Forsa-Umfrage im September 2021: Trotz Corona ist der Anteil an Deutschen, der Angst vor einem Krankenhausaufenthalt hat, gesunken – von 29 Prozent im Prä-Pandemie-Jahr 2019 auf 19 Prozent in 2021. „Die Corona-Krise war für das Gesundheitswesen ein knallharter Stresstest. Aber unser recht robustes Gesundheitssystem hat sich in jedem Fall bewährt. Das hat anscheinend auch die Menschen hierzulande überzeugt“, erklärt Dr. Wolfgang Matz, Vorstandsvorsitzender der KKH, diesen scheinbaren Widerspruch. Ein wirkmächtiges Instrument gegen die Angst sei Information, betont die KKH. Deshalb hat sie unter dem Stichwort „Patientensicherheit“ eine Broschüre mit Tipps für den bevorstehenden Krankenhausaufenthalt produziert.
Negative Ereignisse verhindern
Das Engagement der KKH ist nur ein Beispiel für zahlreiche Aktivitäten der Ersatzkassen, um die Patientensicherheit zu erhöhen. So ist die Techniker Krankenkasse (TK) deutschlandweit die erste Krankenkasse, die einen Beauftragten für Patientensicherheit beschäftigt. Ein jüngeres Projekt, das von der TK unterstützt wird, ist „Covid-19 CIRS“. Auf der Meldeplattform können Patienten sowie Krankenhauspersonal anonym über negative, aber auch positive Behandlungserfahrungen im Zusammenhang mit Covid-19 berichten. Ein Expertenbeirat unter anderem aus Ärzten und Notfallmedizinern analysiert die Meldungen. Hieraus werden dann Maßnahmen abgeleitet, die zukünftig negative Ereignisse verhindern sollen, etwa den fehlerhaften Umgang mit Schutzmasken.
Auch die TK engagiert sich für das Thema Patientensicherheit regelmäßig mit repräsentativen Befragungen. Seit 2019 erhebt sie im „TK-Monitor Patientensicherheit“, wie die Sicherheit in der medizinischen Versorgung von der Bevölkerung erlebt wird. Jedes Jahr gibt es dabei einen anderen Schwerpunkt. Im Jahr 2021 lag ein Fokus auf dem Thema Long Covid sowie auf sogenannten Never Events, womit sehr seltene, aber schwerwiegende Behandlungsfehler bezeichnet werden. Die Erhebung legt offen, dass die Vorgaben für den Umgang mit solchen Fällen in der Bevölkerung stark überschätzt werden. Denn anders als von vielen vermutet, werden Never Events in Deutschland bislang nicht zentral erfasst. Die TK zieht daraus konkrete Schlüsse: Die Ereignisse müssen verlässlich erhoben werden, etwa über ein Register. Sodann müssen sie einer eingehenden Ursachenanalyse zugeführt werden. Ein vollständiger Überblick über diese und weitere Initiativen der Kasse findet sich im Jahresbericht des TK-Beauftragten für Patientensicherheit.
Sicherheit in der Arzneimitteltherapie
Wer das Gefühl hat, eine fehlerhafte ärztliche Behandlung erhalten zu haben, hat Rechte. Diese können bei einem gutachterlich bestätigten Behandlungsfehler bis zum Durchsetzen von Schadenersatzansprüchen reichen. Die BARMER bietet ihren Versicherten mit dem „Behandlungsfehler-Telefon“ eine erste Anlaufstelle für solche Verdachtsfälle, gemeinsam mit dem Beratungsteam werden hier die weiteren Schritte abgestimmt. Auch eine schriftliche Schilderung ist möglich.
Ein Behandlungsfehler kann dabei auch ein falsch verordnetes Medikament sein. Für diesen Aspekt der Patientensicherheit engagiert sich die BARMER mit bislang drei Innovationsfonds-Projekten, die sich allesamt der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) verschrieben haben. Die Möglichkeiten der Digitalisierung werden dabei produktiv genutzt. Das jüngste Projekt „eRIKA“ (kurz für „E-Rezept als Element interprofessioneller Versorgungspfade für kontinuierliche Arzneimitteltherapiesicherheit“), als dessen Konsortialführerin die BARMER fungiert, startet zum 1. Oktober 2022. Ziel ist es, die Kommunikation zwischen Ärzten und Apothekern digital zu unterstützen, wodurch etwa mögliche Risiken bei polypharmazeutischer Behandlung minimiert werden. Konkret soll ärztliches Personal bestenfalls schon bei der ersten Verordnung einen Zugriff auf BARMER-Abrechnungsdaten, damit Kenntnis über die Gesamtmedikation und zugleich versichertenbezogene Hinweise auf mögliche Risiken und Handlungsempfehlungen zur Arzneimitteltherapie erhalten.
In diesem Bereich engagiert sich auch die DAK-Gesundheit. Ein gemeinsames Innovationsprojekt mit dem Berufsverband der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland (BVSD) sowie der Universität Duisburg-Essen erforscht die aktuelle Versorgungslage in der Opioid-Therapie. Genutzt werden hierfür Routinedaten der Kasse. Auf dieser Grundlage sollen etwa Häufigkeit und Art der Fehlversorgung sowie Missbrauch und Abhängigkeitserkrankungen im Hinblick auf Opioide untersucht werden.
Über laufende Initiativen und Projekte hinaus klären die Ersatzkassen immer wieder zu aktuellen Anlässen über Patientensicherheit und -rechte auf, etwa die hkk – Handelskrankenkasse zum Organspendeskandal und die HEK zur Sepsis-Kampagne. Ein weiteres Beispiel für den Einsatz der Ersatzkassengemeinschaft ist das vom vdek geförderte „APS-Weißbuch Patientensicherheit“ aus dem Jahr 2018. Patienten und ihre Sicherheit zu stärken, bleibt eine wichtige Aufgabe. Auch die vdek-Mitgliedskassen leisten dazu ihren Beitrag.
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