Nationales Gesundheitsziel

Gute Qualität in der Geburtsversorgung

Im Fokus des aktuellen geburtshilflichen Diskurses um das nationale Gesundheitsziel Gesundheit rund um die Geburt steht die Gewährleistung einer optimalen Versorgung von Mutter und Kind. Es gilt, Wege zu finden, die sicherstellen, dass die Betreuung während dieser wichtigen Phase höchsten Ansprüchen gerecht wird.

Säugling im Inkubator

Mit dem nationalen Gesundheitsziel „Gesundheit rund um die Geburt“ wurde von der Bundesregierung 2017 ein ehrgeiziger Meilenstein für eine optimale geburtshilfliche Versorgung gesetzt. Es wurden Ziele festgelegt, um die physiologischen Abläufe von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett bis hin zum ersten Jahr nach der Geburt des Kindes umfassend zu unterstützen. Ein breites und diverses Bündnis von über 140 Akteuren trägt diesen Maßnahmenkatalog mit. Obwohl seit Jahren fachlich fundierte Empfehlungen für den im Koalitionsvertrag versprochenen Aktionsplan vorliegen, fehlt dieser nach wie vor. Diese Lücke wirft eine drängende Frage auf: Wie können wir eine höhere Qualität in der Geburtsversorgung erreichen? Nachstehend werden zwei Instrumente vorgestellt.

Höhere Qualität durch Mindestmengen

Konzentrierte Versorgungsstrukturen und eine entsprechend große Erfahrung des Behandlers gehen mit einer erhöhten Behandlungsqualität einher. Nichtsdestotrotz gibt es in Deutschland eine Mindestmenge von (derzeit) 20 Leistungen pro Standort nur für Früh- und Reifgeborene mit einem Körpergewicht von unter 1.250 Gramm. Andere Instrumente wie beispielsweise (planungsrelevante) Qualitätsindikatoren sind bei einer Verletzung kaum mit Konsequenzen für den Leistungserbringer behaftet. In der Versorgungsrealität bedeutet dies, dass in 2022 rund 640 Standorte die knapp insgesamt 700.000 Geburten durchführten. Standorte mit weniger als 500 Geburten machen dabei 30 Prozent aus, versorgten aber nur acht Prozent der Fälle. Für die Versorgungsqualität ist diese fehlende Planung fatal. So liegt Deutschland bei der Mütter- und Neugeborenen-Sterblichkeit im internationalen Vergleich nur im Mittelfeld.

Andere Länder wie beispielsweise Finnland haben für Geburten eine Mindestmenge festgelegt. Für Deutschland wird von Fachexperten die Zahl von 500 Geburten pro Jahr als kritische Schwelle für eine gute Versorgung gesehen. Bei Beibehaltung der bedarfsnotwendigen Standorte würde sich die Anzahl der Standorte dann von derzeit 640 auf etwa 500 Standorte (- 22 Prozent) reduzieren (s. Abb.).

Infografik: Krankenhausstandorte in der Geburtsversorgung

Diese Standorte befinden sich häufig in unmittelbarer Nähe zu anderen Standorten. Dadurch ließe sich nicht nur die Versorgungsqualität steigern, auch könnte das begrenzte Fachpersonal effizienter eingesetzt werden.

Übergang ins häusliche Umfeld

Neben den Überlegungen, wo man sein Kind zur Welt bringen möchte, empfiehlt es sich auch, sich bereits frühzeitig Gedanken über die Zeit nach der Geburt zu machen. Die Suche nach einer Hebamme vor allem für das Wochenbett gestaltet sich schwierig. Immer wieder war und ist noch zu lesen, dass Hebammen den anfragenden Frauen absagen müssen, weil sie keine freien Kapazitäten mehr haben. Umso mehr ist ein Service der Kliniken zu begrüßen, wenn zukünftig angestellte Hebammen ebenfalls die Vor- und Nachsorge im häuslichen Umfeld übernehmen. Dies ist auch eine Forderung im Koalitionsvertrag der Bundesregierung.

Damit die Umsetzung aus dem Koalitionsvertrag wirklich gelingt, bedarf es entsprechender Maßnahmen. Vor allem braucht es mehr festangestellte Hebammen in den Kliniken. Auch wenn die Suche nach geeignetem Personal in den Kliniken nicht einfach ist, dürfte dies durch eine wie oben dargestellte Versorgungskonzentration abgefedert werden. Zudem dürfte in diesem Bereich ein Arbeitsumfeld entstehen, welches vor allem für bisher freiberuflich tätige Hebammen attraktiv sein dürfte. Um Geburtsvor- und -nachsorge durchführen zu können, müssen Hebammen freiberuflich tätig sein, damit obliegt ihnen auch der gesamte Aufwand für die Organisation und Abrechnung der Leistungen. Diese Leistungen zukünftig im Angestelltenverhältnis durchführen zu können, dürfte daher für einige der Hebammen eine willkommene Veränderung sein.

Für eine optimale Qualität in der geburtshilflichen Versorgung sind Mindestmengen sowie einheitliche und transparente Strukturvorgaben, die eine Konzentration der stationären Versorgung und damit eine Verbesserung der Versorgungsqualität bedeuten würden, überfällig. Für die Qualität in der nachgeburtshilflichen Versorgung ist wiederum eine nahtlose Betreuung im häuslichen Umfeld unerlässlich. Nur so ist es möglich, den Weg für eine bestmögliche Betreuung von Müttern und ihren Kindern langfristig zu ebnen.

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