Projekt P.F.L.E.G.E.

Steigerung der kognitiven Fähigkeiten

Für jedes Handeln werden sogenannte exekutive Funktionen benötigt. Ein kontinuierlicher Abbau dieser kognitiven Fähigkeiten zur Steuerung des eigenen Verhaltens ist Teil des Alterungsprozesses. Die gute Nachricht: Exekutive Funktionen sind in jedem Alter trainierbar und verbesserungsfähig. Hier setzt das Partnerprojekt P.F.L.E.G.E. des vdek und der Europäischen Fachhochschule (EU|FH) an.

Teilnehmer am Projekt P.F.L.E.G.E

Stationäre Pflegeeinrichtungen werden zukünftig angesichts der Zunahme an Pflegebedürftigen in den nächsten 10 bis 20 Jahren weiter an Bedeutung gewinnen. Das Statistische Bundesamt geht davon aus, dass durch den demografischen Wandel in 20 Jahren rund 7 Millionen Menschen pflegebedürftig sein werden. Aktuell gibt es in Deutschland bereits etwa 5 Millionen Pflegebedürftige. Die Präventionsarbeit des vdek zielt aufgrund dieser Zukunftsprognose darauf ab, langfristig und wirksam die Gesundheitsressourcen von Bewohner:innen (teil-)stationärer Pflegeeinrichtungen zu stärken, was wiederum zum langfristigen Erhalt von Lebensqualität, Wohlbefinden und Selbstbestimmung beiträgt. Somit gilt es, die partizipative Entwicklung von praktisch integrierbaren und wissenschaftlich evaluierten Maßnahmen in den strukturellen Alltag von (teil-)stationären Pflegeeinrichtungen zu ermöglichen.

Charakteristika des Alterns sind Veränderungen in Bezug sowohl auf die kognitiven Funktionen, beispielsweise Aufmerksamkeit und Konzentration, als auch auf die Motorik, zum Beispiel Gangunsicherheit und Koordination. Diese altersbedingten Veränderungen gehen unter anderem mit einer erhöhten Sturzangst, einem erhöhten Sturzrisiko und einer eingeschränkten Mobilität und damit einer eingeschränkten Teilhabe im alltäglichen Leben einher, was zu einer Reduktion von Lebensqualität führen kann. Doch mit körperlicher Aktivität ist es möglich, diesem Phänomen nachweislich entgegenzuwirken. Körperliche Aktivität und kognitive Ressourcen von Menschen bedingen sich gegenseitig. Entsprechend zielt das Forschungsprojekt P.F.L.E.G.E. (Pflegeeinrichtungen für Lebensqualität und Entwicklung von Gesundheit durch exekutive Funktionen) auf die partizipative Entwicklung von körperlich-kognitiven Maßnahmen ab. Es widmet sich den Fragestellungen, wie die Lebensqualität von Bewohner:innen in (teil-)stationären Pflegeeinrichtungen wirksam verbessert und dem Abbau ihrer Fähigkeiten effektiv entgegengewirkt werden kann.

Im Zeitraum von August 2023 bis Mai 2024 wurde eine neuartige, auf Bewohner:innen angepasste, multimodale (unter Einbezug verschiedener Sinnesmodalitäten), körperlich-kognitive und bewegungsbasierte Maßnahme entwickelt. Sie nimmt verschiedene Funktionen und Fähigkeiten in den Blick, setzt auf Verbesserung der körperlichen Aktivität und Mobilität, auf Reduzierung der Sturzangst und stärkt damit gleichzeitig kognitive Leistungen. Die Maßnahme ist angelegt auf einen Zeitraum von 10 Wochen, in denen durch bewegungsbasierte Übungen insbesondere die kognitiven beziehungsweise exekutiven Funktionen der Bewohner:innen von Pflegeeinrichtungen unterstützt werden. Ein weiterer Bestandteil ist die Einbindung und Befähigung der Mitarbeiter:innen in den Pflegeeinrichtungen. Dazu wurden Multiplikator:innen geschult, um die Maßnahme eigenständig in den Einrichtungen durchzuführen und weitere Mitarbeiter:innen zu Kursleiter: innen auszubilden.

Das Projekt wurde in vier Pflegeeinrichtungen mit Bewohner:innen mit Pflegegraden 1 bis 4 erprobt. Vor und nach der Durchführung der sogenannten KöKo-Maßnahme (Körperliche Aktivität, Kognitive Ressourcen) testeten Mitarbeiter:innen der EU|FH kognitive Funktionen, Mobilität, Sturzangst und gesundheitsbezogene Lebensqualität. Hierbei fand eine durchgängig engmaschige, durch Präsenz- Workshops und Video-Calls ergänzte Begleitung aller beteiligten Akteur:innen statt. Zudem wurde systematisch Feedback eingeholt, um schon während der Konzeption der Übungsinhalte und des Schulungskonzeptes Änderungen einzupflegen.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die exekutiven Funktionen der Bewohner: innen durch die KöKo-Maßnahme signifikant verbessert haben. Dieser Zugewinn an kognitiven Fähigkeiten steht in empirischem Zusammenhang mit einer gesteigerten Mobilität, einer Reduktion der Sturzangst sowie einer verbesserten gesundheitsbezogenen Lebensqualität. So konnte die sturzassoziierte Selbstwirksamkeit der Interventionsgruppe, gemessen durch den sogenannten FES-I-Score, von „starken Bedenken“ auf „moderate Bedenken“ verbessert werden. Auch die Lebensqualität, erfasst durch den EQ-5D-Fragebogen, zeigte eine klinisch relevante Verbesserung von einem Medianwert von 60 auf 75 von 100 Punkten.

Entstanden ist nach erfolgreicher Erprobung und Evaluation der KöKo-Maßnahme ein Schulungskonzept inklusive Multiplikator:innenschulung sowie Übungsvideos als mediale Ergänzung. Diese Materialien ermöglichen über das Projekt hinaus eine langfristige Implementierung der KöKo-Übungen durch die Mitarbeiter:innen weiterer Pflegeeinrichtungen.

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