Der Entwurf eines Gesetzes für eine faire Kassenwahl in der gesetzlichen Krankenversicherung (Faire-Kassenwahl-Gesetz – GKV-FKG) liegt nun vor und geht inhaltlich weiter, als viele gedacht haben.
Neben der dringend notwendigen Weiterentwicklung des Finanzausgleichs, des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA), soll nun auch der Wettbewerbsrahmen für die gesetzlichen Krankenkassen weiterentwickelt werden. Alle Krankenkassen, bis auf die geschlossenen Betriebskrankenkassen, sollen bundesweit geöffnet und für alle Versicherten wählbar werden. Damit würden künftig auch die anderen Krankenkassen nach dem gleichen Geschäftsmodell im Wettbewerb agieren wie die bundesweit tätigen Ersatzkassen. Richtig so: Für alle Krankenkassen gelten damit die gleichen Spielregeln! Die Ersatzkassen unterstützen diese Maßnahmen, während die AOK vor einer „Gefährdung der regionalen Versorgung“ bzw. der „zentralistischen Einheitskasse“ warnt. Doch was ist dran an diesen Argumenten?
Erstens: Eine Öffnung der Krankenkassen führt ganz sicher nicht zu einer Einheitskasse. Im Gegenteil:
„Es wird den Wettbewerb beflügeln, wenn sich in Zukunft bisher regional organisierte Krankenkassen, wie die AOK, dem Wettbewerb bundesweit stellen müssen.“
Die Regionalkassen treten damit auch in einen Wettbewerb untereinander. Das gilt für die Ersatzkassen ja schon lange. Wichtig dabei ist auch, dass mit der Öffnung alle Krankenkassen der gleichen Aufsichtsbehörde unterstellt werden, nämlich dem Bundesversicherungsamt (BVA). Gerade das bislang unterschiedliche Aufsichtshandeln – für die Regionalkassen die Länderaufsichten, für bundesweite Kassen das BVA – hat in der Vergangenheit immer wieder zu Wettbewerbsverzerrungen geführt, gleiche Sachverhalte wurden schon mal ungleich bewertet. Das muss ein Ende haben.
Zweitens: 1993, also zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der großen Organisationsreform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mit Wahlfreiheit und Vorbereitung des Risikostrukturausgleiches, gab es noch 1.221 gesetzliche Krankenkassen, davon 209 regional organisierte AOK. Durch Fusionen sind es nun in der GKV 109 und bei der AOK elf. Viele AOK sind also bereits in mehr als einem Bundesland tätig.
Drittens: Auch die Ersatzkassen sind als bundesweit geöffnete Krankenkassen selbstverständlich vor Ort präsent und kümmern sich um die Versorgung. Die Verträge mit Ärzten und anderen Leistungsanbietern werden durch die vdek-Landesvertretungen als gemeinsame Vertretung der Ersatzkassen im Land verhandelt – hier gilt das gleiche Prinzip wie bei den Regionalkassen. Hinzu kommen zahlreiche Selektivverträge der Ersatzkassen, die auf besondere Bedarfe der Regionen eingehen, seien es beispielsweise telemedizinische Projekte im ländlichen Mecklenburg-Vorpommern, ein Pflegeheimprojekt in Westfalen-Lippe oder regionale Präventionsprojekte für vulnerable Gruppen.
Der von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgelegte Gesetzentwurf für eine faire Kassenwahl in der GKV ist bezogen auf die Finanz- und Wettbewerbsregelungen ein stimmiges Gesamtpaket und wird positiv auf den Wettbewerb zwischen den Krankenkassen wirken und damit zum Nutzen der Patientinnen und Patienten sein.
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