Europäischer Gesundheitsdatenraum

Drei Fragen an Beatrice Kluge

Im Frühjahr 2024 hat das Europäische Parlament die Verordnung über einen Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) verabschiedet. Diese zielt darauf ab, die Interoperabilität der Gesundheitssysteme der EU-Länder zu fördern und die Leistungen für Patient:innen zu verbessern. Beatrice Kluge, Head of International Partnerships bei der gematik, erläutert die Hintergründe und Bedeutung dieses EU-Datenraums.

Beatrice Kluge, Head of International Partnerships bei der gematik

Welche Vorhaben und Ziele sind mit dem EHDS verbunden?

Der Fokus des geplanten Europäischen Gesundheitsdatenraums liegt auf der Verbesserung von Versorgung, Forschung und Innovation in der EU. Der EHDS soll vor allem im grenzüberschreitenden Kontext einen einfacheren und schnelleren Zugang der EU-Bürger: innen und von Angehörigen der Gesundheitsberufe, die diese behandeln, zu den persönlichen Gesundheitsdaten ermöglichen. Die Gesundheitsdaten werden in der Versorgung erhoben und sind beziehungsweise werden Teil der elektronischen Patientenakten (ePA).

Was sind die Vorteile der gemeinsamen Nutzung von Daten in der EU?

Der EHDS bietet für Patient:innen eine Vielzahl an Vorteilen:

  • Infrastruktur und Technologie: Künftig soll der Zugang zu Gesundheitsdaten europaweit grenzüberschreitend möglich sein. Beispielsweise sollen EU-Bürger:innen ihre E-Rezepte in jeder Apotheke innerhalb der EU einlösen können. Angestrebt wird eine grenzüberschreitende digitale Möglichkeit zum Zugriff auf für die Versorgung relevante Informationen, zum Beispiel über Behandlungen, Operationen, Medikationspläne, Laborwerte und den Impfstatus; in Deutschland wird zentraler Zugriffspunkt für Patient:innen und Behandelnde die ePA sein. So wird das Selbstbestimmungsrecht der EU-Bürger:innen in Bezug auf ihre Gesundheitsdaten weiter gestärkt.
  • Effiziente Ressourcennutzung: Neue Informationstechnologien ermöglichen immer neue produktive Austauschprozesse. Der grenzüberschreitende Datenzugriff soll auch Doppeluntersuchungen verhindern, Abläufe effizienter gestalten und dabei helfen, Medikationsfehler zu vermeiden.
  • Datenqualität und Interoperabilität: Gesundheitsdaten sollen in einem europäischen Austauschformat sicher und grenzüberschreitend ausgetauscht und genutzt werden dürfen, ohne dass sie an Qualität verlieren. Hierfür müssen EU-weite Standards geschaffen und Sprachbarrieren überwunden werden.
  • Verbesserung der diagnostischen Genauigkeit: Die Generierung und Integration hochspezifischer und quantitativer Daten legen den Grundstein für eine genaue Diagnose und Therapie. Dadurch kann ein ganzheitliches Verständnis der Patientin/des Patienten und der Krankheit geschaffen werden.
  • Personalisieren, wenn es darauf ankommt: Für die Personalisierung von Behandlungsstrategien ist ein genaues Verständnis des Patientenstatus unerlässlich. Bildgebende Verfahren, Labortests und Genomik liefern dafür notwendige spezifische Informationen. Dies führt zu sichererer, effektiverer Therapie und spart Kosten.

Ist der Datenschutzaspekt bei diesem europäischen Vorhaben gewährleistet?

Aspekte wie Datenschutz, Datensicherheit und Rechtsklarheit stehen im Mittelpunkt. Der EHDS baut auf der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), dem Vorschlag für ein Daten-Governance-Gesetz, dem Entwurf eines Datengesetzes und der NIS-Richtlinie auf. Dies umfasst unter anderem einheitlich rechtliche, technische und organisatorische Rahmenbedingungen in allen EU-Mitgliedsländern, Souveränität der Patient:innen durch Kontrolle über ihre Daten (zum Beispiel Recht zum Opt-Out), klare Bestimmungen für erlaubte Verwendungszwecke in Bezug auf die sekundäre Datennutzung und Datenverarbeitung für Sekundärnutzungszwecke nur in sicherer Verarbeitungsumgebung.

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