Einwurf

Prävention muss auf Evidenz basieren

Das Bundesgesundheitsministerium will die Herzgesundheit stärken. Hört sich gut an, doch mit dem geplanten Gesundes-Herz-Gesetz (GHG) schlägt die Politik einen völlig falschen Weg ein. Anstatt qualitätsgeprüfte Prävention, Gesundheitskompetenz und Verhaltensänderungen zu stärken, damit Krankheiten erst gar nicht entstehen, will sie flächendeckende Screenings einführen und mittels Verordnungsermächtigung den Zugang zu Medikamenten zur Cholesterinsenkung erleichtern.

So sieht der Referentenentwurf zum GHG zum einen eine Ausweitung von Check-Ups vor, die weder auf ihre Wirksamkeit noch auf die Wirtschaftlichkeit hin systematisch und transparent überprüft wurden. Somit ist unklar, inwiefern sie mehr nutzen als schaden. Damit rückt die evidenzbasierte Medizin in den Hintergrund – ein fatales Signal. Wir sagen deshalb ganz klar: Die Evidenz muss maßgebliches Kriterium für eine qualitätsgesicherte und nachweislich wirksame Versorgung bleiben. Zum anderen gibt das GHG vor, in welchen Fällen gesetzlich Versicherte Anspruch auf die Versorgung mit Statinen haben. Auch bereits Kindern und Jugendlichen sollen cholesterinspiegelsenkende Mittel verordnet werden können. Damit setzt das Gesetz auf Medikamente, nicht auf Prävention. Darüber hinaus legt die Politik mit dem GHG medizinische Inhalte fest und definiert Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) neu. Doch die Entscheidung, ob und wann eine bestimmte Therapie sinnvoll und angemessen ist, obliegt aus gutem Grund dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Er gestaltet den GKV-Leistungskatalog auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse und sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiken aus. Dass der Staat jetzt die Leistungsumfänge und Verordnungslandschaft im Detail selbst regeln will, ist ein weiterer tiefgreifender Einschnitt in die Kompetenz der Selbstverwaltung. Es ist ureigene Aufgabe des G-BA, die Inhalte der gesundheitlichen Versorgung zu bestimmen und zu entscheiden, welche Leistungen von der GKV gezahlt werden. Dieses System hat sich bewährt und darf nicht aufgeweicht werden.

vdek-Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner

Wir müssen die Ursachen der Herz-Kreislauf-Erkrankungen bekämpfen, nicht die Symptome. Statt einer durch das Gesetz geförderten Medikalisierung von Krankheitsrisiken brauchen wir echte Prävention.

Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek

Die GKV bietet ihren Versicherten mit rund 110.000 Kursen eine Fülle an qualitätsgeprüften Präventionsangeboten. Im letzten Jahr gab es nahezu 1,5 Millionen Kursteilnahmen. Das ist auch ein Ergebnis politischer Entscheidungen für eine stärkere Präventionsorientierung. Diese sinnvoll angelegten GKV-Beitragsgelder sollten jetzt nicht für Reparaturmedizin umgewidmet werden.

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