vdek-Zukunftspreis 2024

Vorreiterprojekte zur Stärkung der häuslichen Pflege

Unter dem Motto „Zu Hause gut gepflegt“ haben die Ersatzkassen zukunftsweisende Projekte zur Stärkung der häuslichen Pflege mit dem vdek-Zukunftspreis 2024 ausgezeichnet. Die drei Preisträgerprojekte zeigen eindrucksvoll, wie es gelingt, die die Pflege im häuslichen Umfeld zu stärken und die Rahmenbedingungen für die pflegebedürftigen Menschen, An- und Zugehörige sowie die Pflegekräfte zu verbessern.

Der ehrenamtliche vdek-Verbandsvorsitzende Uwe Klemens (9. v. l.) und die vdek- Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner (1. v. l.) gratulierten den Preisträgerinnen und Preisträgern des vdek- Zukunftspreises 2024 (v. l.) : Christin Mähler, Andrea Ebert, Ulli Feder (alle drei Pflegeübungszentrum PÜZ), Prof. Dr. Horst Kunhardt (DeinHaus 4.0 Niederbayern), Dr. Florian Kiel (QuartierPflege). Die Laudationes hielten Stefan Schwartze, Patientensicherheitsbeauftragter der Bundesregierung (7. v. l.), Dr. Christiane Wessel, stellv. Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin (8. v. l.) und Anke Fritz, Mitglied im vdek- Gesamtvorstand und Klinikdirektorin Celenus Klinik Carolabad (10. v. l.).
Der ehrenamtliche vdek-Verbandsvorsitzende Uwe Klemens (9. v. l.) und die vdek- Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner (1. v. l.) gratulierten den Preisträgerinnen und Preisträgern des vdek- Zukunftspreises 2024 (v. l.) : Christin Mähler, Andrea Ebert, Ulli Feder (alle drei Pflegeübungszentrum PÜZ), Prof. Dr. Horst Kunhardt (DeinHaus 4.0 Niederbayern), Dr. Florian Kiel (QuartierPflege). Die Laudationes hielten Stefan Schwartze, Patientensicherheitsbeauftragter der Bundesregierung (7. v. l.), Dr. Christiane Wessel, stellv. Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin (8. v. l.) und Anke Fritz, Mitglied im vdek- Gesamtvorstand und Klinikdirektorin Celenus Klinik Carolabad (10. v. l.).

Aufgrund der demografischen Bedingungen und des Fachkräftemangels braucht es veränderte Pflegekonzepte und pflegerische Angebote, damit pflegebedürftige Menschen so lange wie möglich im gewohnten Umfeld bleiben können. Dabei stellt sich eine Vielzahl von Fragen: Wie kann das Ineinandergreifen von familiärer Betreuung und Unterstützung, ergänzenden professionellen Pflegeleistungen und unterstützenden Angeboten durch bürgerschaftlich Engagierte gefördert werden? Gibt es neue Ideen und Ansätze zur zukünftigen Rolle der Pflegekräfte, welche die Attraktivität des Berufes steigern und die Arbeitsbedingungen verbessern? Wo bietet die Digitalisierung der Pflege aussichtsreiches Potenzial? Dass sich viele Akteurinnen und Akteure, Initiativen und Fachgesellschaften bereits intensiv mit diesen Fragen beschäftigen, spiegelte sich auch in den Bewerbungen um den vdek-Zukunftspreis 2024 wider. Die Jury des vdek-Zukunftspreises wählte drei Best-Practice-Beispiele aus und vergab einen ersten Platz (dotiert mit 10.000 Euro), einen zweiten Platz (dotiert mit 6.000 Euro) sowie einen dritten Platz (dotiert mit 4.000 Euro). Der ehrenamtliche vdek-Vorsitzende und Vorsitzende der Zukunftspreis- Jury, Uwe Klemens, hob die zukunftsweisende Kraft der Preisträgerprojekte hervor: „Die Preisträgerinnen und Preisträger haben innovative Ideen und Konzepte entwickelt, die Pflegebedürftige und ihre Angehörigen im Alltag unterstützen und das Leben zu Hause erleichtern – sei es durch neue Technologien oder zeitgemäße Betreuungskonzepte.“

1. Platz – Preisgeld: 10.000 Euro: Nachbarschaftliches Engagement neu gedacht

In der Pflege herrscht akuter Fachkräftemangel, mit dem Ausscheiden der Babyboomer- Generation wird die Personallücke in den kommenden Jahren weiterwachsen. Dieser Entwicklung setzt das Modellprojekt „QuartierPflege – Ambulante Dienste aus Angehörigen und Nachbar:innen“ gute, stabile Rahmenbedingungen für das Engagement von Nachbarinnen und Nachbarn sowie Angehörigen entgegen, um pflegebedürftigen Menschen die ihnen gebührende Fürsorge, hauswirtschaftliche Unterstützung und Grundpflege angedeihen zu lassen. Finanziell abgesichert durch die Pflegeversicherung verbindet die QuartierPflege offene Seniorenarbeit, Quartier- und Pflegemanagement in ausbalancierter Weise miteinander, um den Fachkräftemangel durch nachbarschaftliche Hilfe abzumildern. Angestoßen wurde die QuartierPflege vom Verein Gesellschaft für Gemeinsinn e. V. aus Leipzig und ist nun ein bundesweites Programm mit zehn verschiedenen Projekten an ganz unterschiedlichen Standorten. Hinter dem Programm Quartier- Pflege steht der Kerngedanke, die Rahmenbedingungen für ambulante Dienste der Nachbarschaft umfassend zu ändern: Ob ehrenamtlich, in Teilzeit oder in Vollzeit, angestellt oder freiberuflich können sich Nachbarinnen, Nachbarn und Angehörige ihren Wünschen und Tätigkeiten entsprechend engagieren. Beispielsweise ist einmal im Monat etwas vorzulesen, ein Ehrenamt, während Tätigkeiten wie etwa dreimal in der Woche einzukaufen, zu kochen oder bei der Körperpflege zu helfen, regulär entlohnt werden. Hierdurch schafft QuartierPflege erhebliche Zuverdienste und reguläre Beschäftigung für Menschen aus dem nachbarschaftlichen Umfeld. Ziel ist es, bis Ende 2025 100 Menschen mit Pflegebedarf durch 300 bis 500 Hilfskräfte im Quartier zu unterstützen. Dahinter steht die Philosophie, die helfenden Personen nicht als Laiinnen und Laien zu betrachten, sondern als Hilfs- bzw. Fachkräfte, die mit entsprechender Schulung gut eingebunden werden können und langfristig im Quartier tätig sind. Der Mix aus Ehrenamt, Selbständigkeit und Anstellung führt über verschiedene Treppen des Engagements zu mehr Hilfs- und Fachkräften in der Pflege. Dabei gilt das Grundprinzip: Nachbarinnen und Nachbarn dürfen nur Tätigkeiten übernehmen, in denen sie geschult sind. Qualität durch Teilhabe kommt letztlich den pflegebedürftigen Menschen zugute. Mit QuartierPflege werden Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Initiativen vor Ort, bestehende ambulante Dienste, Wohlfahrtsverbände, Wohnungsgesellschaften, Gemeinden, Landkreise und Bundesländer das Programm rechtlich tragen und umsetzen können. Als mögliche Blaupause für die bundesweite Umsetzung eröffnet das Modellprojekt die Chance einer Kehrtwende in der Pflege.

QuartierPflege – Ambulante Dienste aus Angehörigen und Nachbar:innen

2. Platz – Preisgeld: 6.000 Euro: Mit digitaler Technik länger zuhause leben

Die Einsatzmöglichkeiten von digitalen Assistenzsystemen in Haushalten von pflegebedürftigen Menschen und im professionellen Pflegeumfeld untersucht das Forschungsprojekt „DeinHaus 4.0 Niederbayern – Länger leben zu Hause“ der Technischen Hochschule Deggendorf. Ein interdisziplinäres Team aus den Bereichen Gesundheit, Pflege, Geistes- und Sozialwissenschaften sowie Informationstechnologie verfolgt den Ansatz, spezifische technisch-digital gestützte Hilfsmittel sinnvoll und situativ bei Pflegebedürftigkeit, Krankheit oder als Präventivmaßnahme einzusetzen. Die Bandbreite reicht von Sensorik-Lösungen bis hin zu Wearables, smarten Körperwaagen, Schlafmatten und weiteren unterstützenden Geräten. Deren Alltagstauglichkeit wurde im Wohnumfeld von Seniorinnen und Senioren sowie durch Pflegekräfte getestet. Besonders der Einsatz der Schlafmatten konnte in der Testphase überzeugen. Die Auswertung von Schlafdaten ermöglicht es Pflegekräften, Routinegänge auf Basis der Schlafphasen anzupassen sowie Schlafapnoe zu erkennen. Hauptziele des Projekts sind, pflegende Angehörige und ambulante Pflegedienste zu entlasten, Berührungsängste vor neuen Techniken abzubauen, die Pflegesituation durch einfacheren Informationsaustausch zwischen Akteurinnen und Akteuren zu verbessern und Hilfeleistungen besser zu koordinieren. Die Vision von gesundheitsorientierten Smarthomes ist bereits Realität geworden – in Form von Musterhäusern und -wohnungen, die vor Ort besichtigt oder in virtuellen Rundgängen erkundet werden können. Das vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention geförderte Projekt „DeinHaus 4.0“ überzeugt durch seine innovativen Lösungen zur Verbesserung der Lebens- und Versorgungsqualität im Alter und im Pflegefall.

DeinHaus 4.0 Niederbayern – Länger leben zu Hause

3.Platz – Preisgeld: 4.000 Euro: Pflegeübungszentrum stärkt Pflegebedürftige und Angehörige

Wenn im familiären Kontext eine Pflegesituation eingetreten ist, wissen die Betroffenen oft nicht, wie sie damit umgehen sollen beziehungsweise wie es für sie weitergeht. Das Konzept des ambulanten Pflegeübungszentrums (PÜZ) setzt in dieser von Unsicherheit geprägten Lebensphase an und bietet wichtige Orientierungs- und Entscheidungshilfe für die Gestaltung der künftigen Lebenssituation von Pflegebedürftigen und Angehörigen. Das PÜZ des Caritasverbandes für den Landkreis Rhön-Grabfeld e. V. ist der Idee entsprungen, verschiedene Angebote zu schaffen, um Laiinnen und Laien pflegerische Tätigkeiten nahezubringen. Durch verkürzte Krankenhausaufenthalte oder nach Reha-Aufenthalten stehen Patientinnen und Patienten und ihre Angehörige oft hilflos vor den Herausforderungen einer neuen Lebens- und Pflegesituation im häuslichen Umfeld. Ein breit gefächertes Unterstützungsangebot soll Ängste nehmen, bei grundlegenden Entscheidungen unterstützen, Pflegesituationen erleichtern sowie Angehörigen Mut machen und Pflegebedürftigen durch professionelle Anleitung neue Wege aufzeigen. Im PÜZ können Pflegebedürftige alleine, mit ihrem Partner beziehungsweise ihrer Partnerin oder mit Angehörigen für bis zu drei Wochen probewohnen. Ein Team von Pflegefachkräften steht dabei beratend zur Seite, informiert über notwendige Pflegehilfsmittel und schult die Beteiligten individuell und gezielt für die Situation zuhause. Durch die Simulation der häuslichen Pflegesituation und das Ausprobieren pflegegerechter Unterstützungsangebote wird die Kompetenz von Pflegebedürftigen und Angehörigen hinsichtlich der Pflegesituation gestärkt, ein funktionierendes Netzwerk aller Akteurinnen und Akteure aufgebaut. Zudem ist das Konzept eine Schnittstelle zu teilstationären und stationären Einrichtungen.

Pflegeübungszentrum (PÜZ)

Weitere Artikel aus ersatzkasse magazin. (6. Ausgabe 2023)