Gesundheitsexpertinnen und -experten haben auf dem Hauptstadtkongress (HSK) in der Veranstaltung „Gesundheitspolitik im digitalen Zeitalter“ des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek) am 26. Juni 2025 über Chancen und Fortschritte der Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung diskutiert. Dabei wurde deutlich: Es gibt kein Erkenntnisdefizit, sondern es braucht vielmehr eine konsequente Umsetzung der digitalen Transformation in dieser Legislaturperiode.
Bei den digitalen Weichenstellungen für eine zeitgemäße Gesundheitsversorgung richtete sich der Blick unter anderem auf die Zukunft der ambulanten Versorgung: „Aktuelle Schlüsselthemen wie Primärarztmodelle und Delegation an medizinisches Fachpersonal sind nur mit Digitalisierung denkbar. Für beides haben wir Ersatzkassen Modelle vorgelegt, die diesen Aspekt konsequent mitdenken. Wir brauchen digitale Lösungen, die die Versorgung der Versicherten verbessern“, betonte Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek). Dass der digitale Wandel einen starken Einfluss auf die gesundheitliche Grundversorgung nehmen wird, verdeutlichte Dr. Kirsten Kappert-Gonther MdB (Bündnis 90/Die Grünen): „Die Zukunft der Primärversorgung wird ganz anders aussehen, als wir es bisher kannten. Digitalisierung und KI werden die Versorgung grundlegend verändern. Die Transformation soll besser hier, innerhalb unseres Gesundheitssystems, gestaltet werden, als sie Amazon und anderen Playern zu überlassen.“ Dabei betonte Grünen-Politikerin Kappert-Gonther, die auch Mitglied des Bundestagsausschusses für Gesundheit ist, dass es gerade für Menschen mit psychischen Erkrankungen einen vereinfachten, niederschwelligen Zugang zur Versorgung geben müsse.
Mit Digitalisierung echten Mehrwert schaffen
Große Einigkeit herrschte bei den Teilnehmenden darüber, dass neue Technologien zwar ein Fortschrittstreiber sind, aber in kluge Strategien eingebettet sein müssen, um einen praxistauglichen Mehrwert für die Versorgung zu erzielen. Dies brachte Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), in seiner Botschaft auf den Punkt: „Digitalisierung muss auch in der Gesundheitsversorgung einen echten Mehrwert haben. Dafür braucht es klare Ziele, evidenzbasierte Verfahren und eine Strategie zur Umsetzung – also deutlich mehr als die Technik allein. Steuerung, Verantwortung und Wirkung müssen zusammengedacht werden.“ In seinem Vortrag unterschied er zwischen drei Ebenen, auf denen grundlegende Veränderungen in der Gesundheitsversorgung im Sinne der Patientinnen und Patienten weiter vorangetrieben werden müssen. Auf der ersten Ebene gehe es um die Verbesserung und Beschleunigung von allen Prozessen der Informationsübermittlung, an denen Patientinnen und Patienten, Leistungserbringende und Krankenkassen in unterschiedlichen Konstellationen beteiligt sind. Mit einer gut funktionierenden Interoperabilität könnten unter anderem unnötige Doppeluntersuchungen vermieden und Notfallinterventionen erleichtert werden, so Hecken. Auf der zweiten Ebene müsse Digitalisierung zur Verbesserung und Beschleunigung von Diagnostik und Therapieentscheidungen sowie zur Therapiesteuerung zum Einsatz kommen. Und schließlich, auf der dritten Ebene, stehe die Nutzung von Gesundheitsdaten zu gemeinwohlorientierten Forschungszwecken im Fokus.
Enormes Zukunftspotenzial der ePA
Dass die ePA ein elementarer Baustein der Digitalisierung im Gesundheitswesen ist, lautete das einhellige Fazit der Vortragenden. „Die ePA verbessert die Versorgung – besonders im ländlichen Raum. Dafür braucht es stabile Rechenzentren, hohe Sicherheitsstandards und nutzerfreundliches Design. Diese Infrastruktur bringen wir als Industrie ein. Die Politik setzt den Rahmen, muss aber auch Raum für Innovation und Eigenverantwortung lassen“, betonte unter anderem Dr. Gottfried Ludewig, Senior Vice President Public Sector & Health Industry bei der Deutschen Telekom und T-Systems. Darüber hinaus sei die ePA aus Sicht des G-BA-Vorsitzenden Hecken ein wichtiges diagnoseunterstützendes Instrument. Zudem, wie die Abgeordnete Kappert- Gonther betonte, sei die ePA eine Frage von Sicherheit für die Patientinnen und Patienten – dies gelte gerade in Notfallsituationen, wenn Patienteninformationen dringend benötigt werden. Wichtige Voraussetzung für die Nutzung der ePA ist die reibungslose Einrichtung der Akten für die Patientinnen und Patienten. Die gesetzlichen Krankenkassen hätten es geschafft, pünktlich für alle ihre Versicherten eine elektronische Patientenakte zur Verfügung zu stellen, so die vdek-Vorstandsvorsitzende Elsner. Dies sei ein Beweis der Leistungsfähigkeit dieser Strukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Inzwischen gebe es rund 70 Millionen Akten, die eingerichtet sind.
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