Pflegeprämie

Ein Tropfen auf den heißen Stein?

Mit dem zweiten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite ist auch eine einmalige Pflegeprämie in der Altenpflege beschlossen worden. Sie soll Anerkennung sein für den außerordentlichen Einsatz der Berufsgruppe der Pflegefachkräfte in der Coronakrise. Ein gutes Zeichen für in der Pflege tätige Menschen oder eben doch nur der viel zitierte Tropfen auf den heißen Stein?

Es besteht ein breiter politischer und gesellschaftlicher Konsens darüber, dass es gerade die Pflegefachkräfte sind, die in der Coronakrise einer außerordentlichen Belastung ausgesetzt sind und dabei großartige Arbeit leisten. Daher ist es konsequent, dass man dieser Berufsgruppe jetzt per Gesetz eine finanzielle Anerkennung zuspricht. Dieser einmalig angelegte Bonus ist dem Gesetz nach gestaffelt ausgerichtet. Beschäftigte in der Altenpflege, die direkte Pflege und Betreuung erbringen, erhalten einmalig 1.000 Euro; diejenigen, die überwiegend tagesstrukturierend und aktivierend tätig sind, bekommen 677 Euro; alle übrigen Beschäftigten 334 Euro. Auch Freiwillige im Freiwilligendienst (100 Euro) und Auszubildende (600 Euro) werden bedacht. Die Länder oder die Arbeitgeber können die Prämien um bis zu 500 Euro aufstocken. Von dieser Möglichkeit machen die Länder wohl auch überwiegend Gebrauch, die Arbeitgeber sind bisher eher zurückhaltend. Die Prämie ist ein gutes Zeichen für eine Berufsgruppe, die bereits vor der Coronakrise im politischen Fokus stand. Wenn man sie als Ausdruck einer gestiegenen Wertschätzung wahrnimmt, dann ist sie mehr als nur der Tropfen auf den heißen Stein. Die Prämie kann aber nur ein Baustein in einem Bündel an Maßnahmen sein, um das Berufsbild auf lange Sicht zukunftssicher auszugestalten. Im Rahmen der Konzertierten Aktion Pflege wurden hierzu bereits wichtige Aspekte aufgearbeitet: Faire Löhne, flexible Arbeitsbedingungen, verlässliche Arbeitszeiten, gesundheitsförderliche Maßnahmen und Wertschätzung standen dabei im Fokus und müssen auch weiterhin verfolgt werden, will man das Berufsbild attraktiv gestalten.

Die Finanzierung der Pflegeprämie ist unbefriedigend und zum Nachteil der Beitragszahler geregelt. Die Mittel sollen überwiegend von der sozialen Pflegeversicherung aufgebracht werden, immerhin rund 890 Millionen Euro. Etwa 130 Millionen Euro schlagen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu Buche. Lediglich die freiwillige Aufstockung durch die Länder ist steuerfinanziert. Es wäre nur konsequent gewesen, diese Aufgabe auf der Finanzierungsseite komplett gesamtgesellschaftlich zu verankern und entsprechend aus Steuermitteln zu finanzieren. Die Prämie ist Ausdruck einer gestiegen Wertschätzung des Berufsbildes und damit ein gutes Signal. Wichtiger jedoch als diese Einmalzahlung ist die Perspektive auf gute Arbeitsbedingungen und flächendeckend faire Löhne in der Branche. Zu Letzterem haben sich die Tarifpartner bereits auf den Weg gemacht. Nun muss die Politik folgen, um das Finanzierungssystem in der Pflege auf neue Füße zu stellen, damit bessere Löhne nicht allein von den Pflegebedürftigen über steigende Eigenanteile in der Pflege geschultert werden müssen.

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