Viele Patienten gehen derzeit trotz Beschwerden nicht zum Arzt – aus Angst, sich im Wartezimmer mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 anzustecken. Ärzte und Psychotherapeuten sind unterschiedlich vom Rückgang der Leistungen betroffen. Die Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erfolgte zeitlich befristet auch per Telefon. Psychotherapien sind grundsätzlich auch per Video oder – bei bekannten Patienten – per telefonischer Konsultation möglich. Zudem sind viele Früherkennungsuntersuchungen und ambulante Operationen verschoben worden. Auf den Wegfall eines Teils der vertragsärztlichen Leistungen hat der Gesetzgeber reagiert und einen möglichen Ausgleich geregelt.
Mit dem COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz erhielten die Vertragsärzte bereits Ende März die Zusage für einen Schutzschirm. Die gesetzliche Regelung sieht vor, dass Kassenärztliche Vereinigungen (KV) eine befristete Ausgleichszahlung an vertragsärztliche Leistungserbringer leisten können. Als Voraussetzung hierfür gilt, dass das Gesamthonorar der Arztpraxis um mehr als zehn Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal zurückgegangen ist und diese Honorarminderung in einem Fallzahlrückgang infolge der Corona-Pandemie begründet ist. Die Aufwendungen für die Ausgleichszahlungen sind der KV durch die Krankenkassen zeitnah zu erstatten. Die Ausgleichszahlung ist dabei beschränkt auf Leistungen, die außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung als sogenannte Einzelleistungen vergütet werden (zum Beispiel Früherkennungsleistungen, ambulantes Operieren). Der Schutzschirm gleicht somit Leistungen aus, die nicht stattgefunden haben.
Konkrete Vorgaben fehlen im Gesetz
Die jährlich vereinbarte und von den Krankenkassen mit befreiender Wirkung gezahlte morbiditätsbedingte Gesamtvergütung steht den KV in voller Höhe weiterhin zur Verteilung an die Vertragsärzte zur Verfügung – auch wenn die Leistungserbringung rückläufig ist. Hier ermöglicht das Gesetz den KV zeitnah geeignete Regelungen vorzusehen, sollte die Fortführung der Arztpraxis gefährdet sein. Die gesetzlichen Regelungen räumen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen kein Mitspracherecht bei der Ausgestaltung ein. Die Krankenkassen sind nur ins Benehmen zu setzen – und dies, obwohl die Frage, wie beispielsweise frei werdende Mittel verrechnet werden, die Minderung des Gesamthonorars und damit die Höhe der von den Krankenkassen zu finanzierenden Ausgleichszahlungen maßgeblich bestimmt. Das Gesetz enthält auch darüber hinaus kaum Vorgaben zur Umsetzung der Regelungen und räumt den KV größtmögliche Freiheiten ein. Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hat daher auf Bundesebene Themen an das Bundesgesundheitsministerium (BMG) adressiert, die in einer konkretisierenden Rechtsverordnung aufgegriffen werden sollten.
Seriöse Schätzungen, wie hoch das Finanzvolumen allein für die Ausgleichszahlungen im vertragsärztlichen Bereich ausfallen dürfte, gibt es nicht.
Ob es eine Rechtsverordnung geben wird, ist weiterhin unklar. Laut Gesetz sind die Ausgleichszahlungen in der Höhe zu mindern, in der der vertragsärztliche Leistungserbringer Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz oder finanzielle Hilfen aufgrund anderer Anspruchsgrundlagen erhält. Seriöse Schätzungen, wie hoch das Finanzvolumen allein für die Ausgleichszahlungen im vertragsärztlichen Bereich ausfallen dürfte, gibt es nicht. Da dieser Ausgleich keinen direkten Leistungs- und Morbiditätsbezug aufweist, hat sich die Ersatzkassengemeinschaft an das BMG und das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) mit einem Vorschlag gewandt, um wenigstens eine wettbewerbsneutrale Lösung zu finden.
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