Organspende-Register

Drei Fragen an Dr. Johannes Nießen

Zum 18. März 2024 ist in Deutschland das elektronische Register für Organ- und Gewebespenden gestartet. Damit können potenzielle Spenderinnen und Spender ihre Entscheidung online dokumentieren. Dr. Johannes Nießen, Errichtungsbeauftragter des Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) und Kommissarischer Leiter der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), erläutert Hintergründe und Chancen des neuen Registers.

Dr. Johannes Nießen, Errichtungsbeauftragter des Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) und Kommissarischer Leiter der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)

Wie kam es zu der Entscheidung, ein elektronisches Organ- und Gewebespenderegister einzuführen?

In Deutschland regelt das Transplantationsgesetz die Organ- und Gewebespende. Mit der letzten Änderung des Gesetzes, die 2022 in Kraft getreten ist, wurde unter anderem die Errichtung eines Registers für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende – das sogenannte Organspende-Register – beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) festgelegt. Ziel des Organspende-Registers ist es, dass die Spendebereitschaft schnell und verlässlich geklärt werden kann. Zusätzlich entlastet es Angehörige im Ernstfall von einer schweren Entscheidung.

Laut einer Befragung der BZgA aus 2022 stehen 84 Prozent der Deutschen einer Organ- und Gewebespende positiv gegenüber. Gleichzeitig haben nur 40 Prozent einen Organspendeausweis. Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch und kann ein Register die aktive Spendebereitschaft erhöhen?

Wir beobachten eine überwiegend positive Einstellung zur Organspende. Doch eine grundsätzlich positive Einstellung heißt nicht, dass man sich auch entschieden hat oder bereit ist, seine Entscheidung im Organspendeausweis zu dokumentieren. Das Organspende-Register stellt eine neue digitale, rechtssichere Dokumentationsmöglichkeit dar. Mit dem Register kann der Wille potenzieller Organspenderinnen oder Organspender rasch und zuverlässig geklärt werden. Das soll die Organspende in Deutschland stärken. Das Register hat am 18. März 2024 seinen Betrieb aufgenommen. Es bleibt abzuwarten, wie die Akzeptanz des Registers und das Nutzungsverhalten der Bürgerinnen und Bürger sich entwickeln werden.

In vielen europäischen Ländern ist jede und jeder eine mögliche Spenderin beziehungsweise ein möglicher Spender, es sei denn, er oder sie widerspricht. Würden Sie eine solche Lösung auch für Deutschland begrüßen?

In anderen Ländern sind die Regelungen, Strukturen und die gesellschaftliche Sicht auf das Thema Organspende grundlegend anders als in Deutschland. Grundgedanke der in Deutschland geltenden Entscheidungslösung ist, dass jeder Mensch in die Lage versetzt wird, sich zu Lebzeiten mit dem Thema auseinanderzusetzen. Alle sollen eine informierte und unabhängige Entscheidung treffen können. Die Bereitschaft zur Organspende soll freiwillig und aus eigenen Stücken heraus getroffen werden. Mit der Entscheidungslösung wird das Recht jedes Einzelnen gestärkt, selbst zu bestimmen, was nach dem Tod mit dem eigenen Körper passieren soll.

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