Einwurf

Vertrauliche Erstattungspreise stoppen

Das Bundeskabinett hat kürzlich das Medizinforschungsgesetz (MFG) beschlossen. Darin ist die Einführung von „Vertraulichen Erstattungsbeträgen“, de facto „Geheimpreisen“, vorgesehen. Die mit dem GKV-Spitzenverband verhandelten Erstattungspreise für neue patentgeschützte Arzneimittel sollen künftig nicht mehr veröffentlicht werden, sondern auf Wunsch des Herstellers geheim bleiben können. Die vorgesehene Regelung hätte massive Auswirkungen auf die Arzneimittelkosten und birgt das Risiko weiterer Beitragssatzerhöhungen. Der Gesetzentwurf bringt keinen Mehrwert in der Versorgung, schafft aber neue bürokratische Hürden. Fehlende Transparenz bedeutet zudem faktisch eine Entsolidarisierung der sozialen Sicherungssysteme in Europa: Vertrauliche Erstattungspreise führen zu Preissteigerungen in den europäischen Nachbarstaaten.

Der Aufbau eines komplizierten Rückerstattungsverfahrens beim GKV-Spitzenverband und den Krankenkassen konterkariert den von der Politik propagierten Bürokratieabbau: Zunächst rechnen die pharmazeutischen Unternehmen ihren gelisteten Wunschpreis ab. Dann gleichen sie die Differenz zum Erstattungsbetrag nachträglich im Rückerstattungsverfahren mit den Krankenkassen aus. Dabei geht die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) finanziell in Vorleistung und trägt sogar noch das Inkassorisiko des Herstellers. Dieses aufwändige Verfahren belastet die ohnehin gedeckelten Verwaltungskosten der Krankenkassen unnötig. Bei geheimen Preisen können Arztpraxen und Apotheken keine Auswahl zugunsten wirtschaftlicher Arzneimittel treffen. Wirtschaftlichkeitsprüfungen in den Arztpraxen würden faktisch entfallen. Das gilt auch für die Importförderklausel, also die Maßgabe für Apotheken, preisgünstige Import-Arzneimittel abzugeben. Stehen weitere Erstattungsbetragsverhandlungen zu neuen patent-geschützten Arzneimitteln an, so fließen die überhöhten Listenpreise als Vergleichspreise in die Verhandlungen ein. Wenn bewährte Steuerungsinstrumente wie die Wirtschaftlichkeitsprüfungen oder die Importförderklausel an Wirkung verlieren, wird die Versorgung teurer.

Für die Versicherten bringen die geheimen Preise keinen Versorgungsmehrwert. Was die Marktverfügbarkeit von neuen Arzneimitteln anbelangt, so liegt Deutschland im europäischen Vergleich auf Rang 1. Hinzu kommt: Versicherte müssen sogar tiefer in die Tasche greifen, wenn durch den höheren Wunschpreis der Pharmahersteller höhere Zuzahlungen anfallen. Ganz zu schweigen von den weiter steigenden Arzneimittelkosten, die bekanntlich von den Versicherten und Arbeitgebern über Beiträge zu finanzieren sind.

vdek-Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner

Es ist nicht die Aufgabe der Politik, mit Beitragsmitteln Standortpolitik für die Pharmaindustrie zu betreiben. Die Möglichkeit von Geheimpreisen sollte daher im weiteren parlamentarischen Verfahren gestoppt werden.

Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek

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