Umgang mit Gesundheitsinformation

Gesundheitskompetenz als Schlüssel für eine bessere Versorgung

Die Welt ist voller Gesundheitsinformationen, von Printmedien bis hin zu digitalen Formaten im Internet, Gesundheits-Apps und elektronischer Patientenakte (ePA). Ein kompetenter Umgang damit wird immer wichtiger. Gesundheitskompetenz bedeutet, relevante Informationen finden, verstehen, bewerten und anzuwenden zu können, um fundierte Entscheidungen für die eigene Gesundheit zu treffen. Für viele Menschen ist dies nicht immer einfach.

Illustration: Gesundheitskompetenz

Um gute Entscheidungen für unsere Gesundheit treffen zu können, sind wir auf verlässliche Informationen angewiesen, wenn es beispielsweise um gesunde Ernährung, Bewegung, Medikamente oder unterschiedliche Behandlungsalternativen geht.

Zur Gesundheitskompetenz gibt es bereits viele Erkenntnisse sowie kollektive Maßnahmen zu ihrer bevölkerungsweiten Verbesserung, insbesondere durch den Nationalen Aktionsplan Gesundheitskompetenz. In den letzten Jahren ist nicht nur die Zahl an Informationsmöglichkeiten in die Höhe geschnellt, auch die Menge an Gesundheitsinformationen hat sich vervielfacht. Gleichzeitig haben interessengeleitete, manipulierte und falsche Informationen rasant zugenommen, wie das Thema Covid-19 zeigte.

Mehrere aktuelle Studien und Bevölkerungsbefragungen zeigen, dass sich trotz Zunahme der Informationsmöglichkeiten und -quellen der Anteil von Menschen mit unzureichender Gesundheitskompetenz in den letzten 10 Jahren verschlechtert hat. Lag er 2014 noch bei 54,3 Prozent, stieg er bis 2020 auf 64,2 Prozent, wie eine in diesem Jahr erschienene Studie der TU München zeigt. In den letzten vier Jahren habe sich die Situation nochmals deutlich auf nunmehr 75,8 Prozent im Jahr 2024 verschlechtert. Damit hapert es nicht nur bei Entscheidungen, die die eigene Gesundheit betreffen oder die von Angehörigen, sondern auch bei der Orientierung im Gesundheitssystem und der Inanspruchnahme von Leistungen. Im Vergleich zu den etwa 60 Prozent der Deutschen, die Probleme mit gesundheitsrelevanten Informationen haben, schneiden etwa Österreich (rund 25 Prozent) oder Tschechien (etwas mehr als 30 Prozent) in dieser Hinsicht besser ab (OECD Skills Outlook 2023).

Gesundheitskompetenz ist für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ein wichtiges Thema, denn Menschen mit hoher Gesundheitskompetenz können Informationen besser verstehen, gesündere Lebensstile pflegen und sich verlässlicher an Therapiepläne halten. Mangelnde Gesundheitskompetenz bedeutet häufig,

  • bei gesundheitlichen Problemen Orientierungsschwierigkeiten im Gesundheitssystem,
  • häufiger ungesunde Gewohnheiten wie ungesündere Ernährung, weniger Bewegung, häufigeres Rauchen und regelmäßigen Alkoholkonsum sowie
  • nach eigener Einschätzung häufiger einen schlechten Gesundheitszustand zu haben.

Geringe Gesundheitskompetenz hat fur das Gesundheitssystem auch okonomische Relevanz: Laut WHO-Schatzungen belaufen sich die Folgekosten mangelnder Gesundheitskompetenz auf 3 bis 5 Prozent der Gesamtausgaben im Gesundheitswesen, was bezogen auf das Jahr 2023 in Deutschland bis zu 25 Milliarden Euro entspricht.

Organisationale Gesundheitskompetenz rückt in den Fokus

Gesundheitskompetenz wurde in den letzten Jahren dahingehend weiterentwickelt, dass die Verantwortung der Gesellschaft und der Versorgungseinrichtungen deutlich starker hervorgehoben wird. Dies ist nicht zuletzt sozialen Ungleichheiten in unserer Gesellschaft geschuldet. Es ist nicht zeitgemas, allein den Menschen die Verantwortung fur ihre Gesundheit aufzuburden, wenn sie gleichzeitig etwa durch Sprachbarrieren, einen niedrigen soziookonomischen Status oder eingeschrankte Kognition struktureller gesundheitlicher Benachteiligung ausgesetzt sind. Hier haben Gesundheitsorganisationen und -einrichtungen eine besondere Verantwortung, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen und Versorgung so zu gestalten, dass die Starkung von guten Gesundheitsentscheidungen moglich wird. Das Konzept der organisationalen Gesundheitskompetenz bedeutet einen Perspektivwechsel: Nicht der Einzelne braucht Fahigkeiten, um ein komplexes Gesundheitssystem zu durchdringen, sondern das System muss Strategien bereitstellen, um der Komplexitat der Menschen gerecht zu werden.

Der digitalen Kluft entgegenwirken

Auch die digitale Transformation stellt das Gesundheitswesen vor neue Herausforderungen – insbesondere die Forderung der Gesundheitskompetenz gewinnt dabei zunehmend an Bedeutung. Digitale Losungen wie die ePA, das E-Rezept, Videosprechstunden und digitale Gesundheitsanwendungen tragen wesentlich zur Verbesserung der Versorgung von Patientinnen und Patienten bei. Damit niemand im Zuge der Digitalisierung abgehangt wird, ist digitale Gesundheitskompetenz aufseiten der Patientinnen und Patienten unverzichtbar. Nur so konnen digitale Angebote im Gesundheitswesen gefunden, verstanden, bewertet, angewendet und mit Vertrauen genutzt werden. Ein Beispiel fur die wachsende Bedeutung digitaler Gesundheitskompetenz ist die Einfuhrung der „ePA fur alle“ in diesem Jahr. Sie ermoglicht den jederzeitigen Zugriff auf personliche Gesundheitsdaten und unterstutzt ein aktives Gesundheitsmanagement. Patientinnen und Patienten konnen so gezielter Fragen stellen und medizinische Entscheidungen besser nachvollziehen. Auch bei den Versorgenden darf keine digitale Kluft entstehen. Ab 1. Oktober 2025 sind Arztinnen und Arzte verpflichtet, die ePA zu nutzen ( Mehr auf Seite 21). Eine erfolgreiche Einfuhrung und dauerhafte Anwendung hangt somit auch von ihren Kompetenzen ab, die ePA sicher zu bedienen – denn nur dann konnen Patientinnen und Patienten von den Vorteilen profitieren. Die Forderung der digitalen Gesundheitskompetenz ist daher eine Aufgabe, die weit uber die Verantwortung der Krankenkassen hinausgeht. Sie sollte beispielsweise auch fester Bestandteil der medizinischen Ausbildung sein.

Beitrag zu mehr Chancengleichheit

Mit dem Angebot „Gesund digital“ leisten die Ersatzkassen bereits heute einen wichtigen Beitrag zur Forderung der digitalen Gesundheitskompetenz. Es richtet sich speziell an Menschen mit wenig Erfahrung im Umgang mit digitalen Losungen im Gesundheitswesen. Auf der Website gesund-digital.info finden Nutzerinnen und Nutzer ein multimediales Informations- und Lernangebot mit Texten und Videos Durch die einfache und leicht verstandliche Aufbereitung der Inhalte fordert das Angebot die digitale Teilhabe und tragt so zu mehr Chancengleichheit in einer zunehmend digitalisierten Welt bei.

Der Handlungsbedarf bleibt hoch, Gesundheitskompetenz in der Bevolkerung und bei Organisationen zu erhohen. Gestarkt werden sollten insbesondere die Fahigkeiten, sich im digitalen Raum sowie im Gesundheitssystem sicher zu bewegen.

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