Seit Juli 2024 besteht ein neuer Anspruch im SGB XI auf die Versorgung von Pflegebedürftigen während der Zeit, in der die entsprechende Pflegeperson eine Vorsorge- oder Rehabilitationsleistung in Anspruch nimmt. Dieser Anspruch ergänzt eine äquivalente Regelung aus dem SGB V. Im Folgenden wird auf die seit einem Jahr bestehende Koexistenz der Regelungen zurückgeblickt.

Pflegepersonen stehen vor besonderen Herausforderungen, wenn sie eine Vorsorge- oder Rehabilitationsleistung in Anspruch nehmen wollen. Oft ist es für sie schwierig, die Versorgung ihres Pflegebedürftigen währenddessen für mehrere Wochen zu organisieren und sich ausreichend Zeit für die eigene Genesung zu nehmen.
Mit Inkrafttreten des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes (PpSG) im Jahr 2019 ist es nach § 40 Abs. 3a SGB V möglich, dass Pflegepersonen, die von ihrer Krankenkasse eine Rehabilitationsmaßnahme genehmigt bekommen haben, mit ihrem Pflegebedürftigen gemeinsam in einer stationären Rehabilitationseinrichtung aufgenommen und versorgt werden können. Die Mitnahme des Pflegebedürftigen in dieselbe Einrichtung wird in diesem Fall von der Krankenkasse der Pflegeperson finanziert.
Zum 1. Juli 2024 kamen mit der Einführung des § 42b SGB XI (bis 30. Juni 2025 § 42a SGB XI) im Rahmen des Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetzes (PUEG) zwei weitere Fallkonstellationen hinzu. Pflegepersonen haben nun auch Anspruch auf die Mitnahme ihrer pflegebedürftigen Person, sofern eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme zulasten der Deutschen Rentenversicherung (DRV) oder eine stationäre Vorsorgemaßnahme zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Anspruch genommen wird. In diesen beiden neuen Fällen finanziert die Pflegekasse der pflegebedürftigen Person die Mitnahme in derselben Einrichtung.
In den Regelungen im SGB XI ist neu, dass die Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen den Landesverbänden der Pflegekassen vor erstmaliger Versorgung pflegebedürftiger Personen ein Konzept zur Sicherung der Versorgungsqualität vorlegen müssen. Daneben bestehen Unterschiede in der Vergütung bei Mitnahme des Pflegebedürftigen in dieselbe Einrichtung. Der Vergütungssatz zur Versorgung des Pflegebedürftigen variiert je nach Fallkonstellation. Entweder gilt ein durchschnittliches Gesamtheimentgelt, das jährlich für jedes Bundesland neu berechnet wird, oder die Vergütung wird separat verhandelt.
Die Erfahrungen nach einem Jahr zeigen eine hohe Komplexität der Koexistenz der beiden Regelungen aus dem SGB V und SGB XI sowie Herausforderungen in der Umsetzung des neueren Anspruchs nach dem SGB XI. Zunächst ist festzustellen, dass ein Jahr nach Inkrafttreten des PUEG lediglich eine geringe Anzahl an Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen ein Konzept zur Versorgung von Pflegebedürftigen eingereicht hat. Alternativ erfolgt die Suche nach einer geeigneten nahegelegenen zugelassenen vollstationären Pflegeeinrichtung, die die Versorgung der pflegebedürftigen Person zeitgleich zur Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme der Pflegeperson sicherstellen kann. Daneben bestehen Unterschiede bei der Abrechnung der Fahr- und Gepäcktransportkosten, die je nach Fallkonstellation von der Kranken- oder Pflegeversicherung zu erstatten sind. Die uneinheitlichen Prozesse und Zuständigkeiten und die sich daraus ableitende Komplexität der Regelungen machen die Mitnahme pflegebedürftiger Personen und die Sicherstellung ihrer Versorgung anspruchsvoll. Die praktische Umsetzung dieser Maßnahmen wird durch den generellen Personalmangel in der Pflege zusätzlich erschwert.
Vor dem Hintergrund der komplexen Parallelregelungen im SGB V und SGB XI sowie praktischer Umsetzungsprobleme – etwa mit Blick auf fehlende Versorgungskonzepte in den Einrichtungen, uneinheitliche Prozesse und Zuständigkeiten sowie den bestehenden Personalmangel – ist eine Neujustierung der beiden Regelungen erforderlich. Ein erster Diskussionsansatz könnte sein, die Kosten der Versorgung der Pflegebedürftigen sowie ihre Versorgung in allen Fallkonstellationen einheitlich über die Pflegeversicherung zu regeln. Zudem muss erörtert werden, wie die Anzahl der Einrichtungen mit einem Konzept zur Versorgung Pflegebedürftiger erhöht werden kann. Die Ersatzkassen setzen sich bereits aktiv für eine praxisnahe Umsetzung im Sinne der Betroffenen ein.
Pflegeperson beantragt |
Stationäre Rehabilitationsleistung (Kostenträger GKV) |
Stationäre Vorsorgeleistung (Kostenträger GKV) |
Stationäre Rehabilitationsleistung (Kostenträger DRV) |
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Unterkunft Pflegebedürftige |
dieselbe Rehabilitationseinrichtung | Kurzzeitpflegeeinrichtung oder vollstationäre nahegelegene Pflegeeinrichtung | dieselbe Vorsorgeeinrichtung | vollstationäre nahegelegene Pflegeeinrichtung | dieselbe Rehabilitationseinrichtung | vollstationäre nahegelegene Pflegeeinrichtung |
Kostenträger für Pflegebedürftige |
Krankenkasse | Pflegekasse | Pflegekasse | Pflegekasse |