Viele Mütter tragen im Alltag unsichtbare Lasten: Sie denken an alles – und das (fast) immer. Der aktuelle hkk-Gesundheitsreport zeigt, wie ungleich Mental Load verteilt ist, warum Mütter besonders betroffen sind und was gegen die Überlastung hilft.
Arzttermine koordinieren, Geburtstagsgeschenke besorgen, Mahlzeiten planen, den Überblick behalten – Mütter denken unablässig an die alltäglichen Herausforderungen. Der hkk-Gesundheitsreport „Mental Load und Müttergesundheit“ zeigt, wie stark diese unsichtbare Denkarbeit belastet – und welche Folgen sie für Körper und Seele hat.
Ständiges Mitdenken – ein Gesundheitsrisiko Ob Kita, Schule oder Vorratsschrank – Mütter tragen nach wie vor den Großteil der organisatorischen Verantwortung zu Hause. Eine repräsentative forsa-Befragung im Auftrag der hkk Krankenkasse zeigt: Mental Load – die unsichtbare Last des Mitdenkens – ist ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko. Fast alle befragten Mütter denken (fast) ständig an Dinge, die erledigt, geplant oder organisiert werden müssen. 62 Prozent empfinden diese Daueranspannung als starke Belastung, bei Vätern ist es nur etwa die Hälfte (31 Prozent). Mehr als jede zweite Mutter (53 Prozent) kann kaum abschalten. 63 Prozent sind an den meisten Tagen allein für das Funktionieren des Familienalltags verantwortlich – bei Vätern gilt das nur für 15 Prozent. „Mental Load ist die unsichtbare Denkarbeit, die den Alltag am Laufen hält – ein permanentes Hintergrundprogramm, das viel Energie kostet“, erklärt Autorin und Mental-Load-Expertin Patricia Cammarata. Dauerstress könne, so Cammarata, in einen „Mental Overload“ münden – mit Folgen wie Erschöpfung, Schlafstörungen oder Burnout.
Wenn Dauerstress krank macht
Die gesundheitlichen Auswirkungen sind deutlich: 82 Prozent der Mütter berichten über körperliche Schmerzen in den vergangenen sechs Monaten, 31 Prozent fühlten sich in den letzten zwei Wochen häufig nervös, 22 Prozent litten unter Sorgen, die sie nicht stoppen konnten. Dass sie sich niedergeschlagen, traurig oder hoffnungslos gefühlt haben, gaben 19 Prozent der Mütter an.
Ein genauer Blick auf die Aufgabenverteilung zeigt, woher die Belastung kommt: Neun von zehn Müttern (90 Prozent) kümmern sich überwiegend selbst um Arzttermine der Kinder, 89 Prozent denken an Geburtstage und Geschenke, 88 Prozent kaufen Kleidung, und 81 Prozent organisieren Schule oder Kita. Auch die Freizeitgestaltung (76 Prozent) und das Planen von Mahlzeiten (73 Prozent) liegen meist in ihrer Verantwortung. Auffällig: 82 Prozent der Väter empfinden diese Aufteilung als gerecht – aber nur 61 Prozent der Mütter stimmen zu.
Traditionelle Muster, moderne Überforderung
Mental Load hängt eng mit der Erwerbssituation zusammen. Mütter arbeiten häufiger in Teilzeit oder gar nicht, während Väter meist vollzeitbeschäftigt sind. Dadurch verschieben sich Verantwortlichkeiten – und Überlastung entsteht. „Erwerbsarbeit ist nur möglich, weil im Hintergrund Care-Arbeit geleistet wird. Dieses Zusammenspiel muss sichtbar und anerkannt werden“, betont Cammarata.
Viele Paare greifen unbewusst auf traditionelle Rollenbilder zurück. Kommt es zu Ungleichgewichten, hilft es, sichtbar zu machen, wer an was denkt. Wenn Paare Aufgaben schriftlich festhalten, wird schnell klar, wie viel Denkarbeit anfällt. Wichtig ist, ganze Aufgabenpakete zu übergeben – nicht nur einzelne Handgriffe. Wer etwa den Kindergeburtstag organisiert, sollte auch Einladungen, Kuchen und Nachbereitung übernehmen. Nur so wird Mental Load wirklich geteilt.
Mental Load ist nicht nur ein individuelles Problem, sondern eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Politik und Arbeitgeber können entscheidend entlasten – durch bessere Kinderbetreuung, flexible Arbeitszeiten, klare Grenzen der Erreichbarkeit und eine Kultur, die Sorgearbeit wertschätzt.
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