Einwurf

Nach dem Ampel-Aus: Reformbedarf im Gesundheitswesen und in der Pflege weiter hoch

Die Ampelregierung wird ihrer Nachfolge-Regierung einige offene Baustellen hinterlassen. Die Hauptaufgabe ist es, die Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und sozialen Pflegeversicherung (SPV) endlich auf stabile Beine zu stellen. Nach fünf Jahren in Folge steigen die Zusatzbeitragssätze in der GKV in 2025 erneut deutlich an. Um das Defizit auszugleichen und die Mindestreserven aufzufüllen, wird der Zusatzbeitragssatz um mindestens einen Prozentpunkt im Durchschnitt steigen. Und auch in der SPV wurden in letzter Minute noch per Rechtsverordnung die Beitragssätze um 0,2 Prozentpunkte erhöht, um die Liquidität für die nächsten Monate sicherzustellen.

vdek-Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner

Wird der Anstieg der Ausgaben nicht abgebremst, wird auch in 2026 eine weitere Beitragssatzerhöhungswelle auf die Versicherten und Arbeitgeber zurollen. Vorschläge zur Stabilisierung der Finanzen auf der Einnahmen- und Ausgabenseite liegen seit Langem auf dem Tisch und warten auf ihre Umsetzung. In der GKV gehört hierzu essenziell die Rückkehr zu einer stabilitätsorientierten Ausgabenpolitik.

Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek

Die neue Bundesregierung sollte sich also dringend von der Philosophie „Mehr ist Mehr“ verabschieden. Den Prognosen des Schätzerkreises zufolge geben wir im kommenden Jahr 340 Milliarden Euro für die Versorgung aus, vor zehn Jahren waren es 200 Milliarden Euro. Es steht damit genug Geld für die Versorgung zur Verfügung. Was wir brauchen, ist eine bessere und effizientere Steuerung der Behandlung der Versicherten. Dazu gehören zeitnahe Arzttermine ebenso wie die Behandlung in der richtigen Versorgungsebene. Dies gelingt nur, wenn ärztliche und nichtärztliche Leistungserbringer – unterstützt durch die digitalen Technologien – besser zusammenarbeiten. Beispiele hierfür sind gemeinsame ambulante und stationäre Tresen an Krankenhäusern oder die Regionalen Gesundheitszentren (RGZ) der Ersatzkassen. In drei ländlichen Regionen Deutschlands erproben wir hier neue Konzepte zur Delegation ärztlicher Leistungen und bieten unseren Versicherten mehr Koordinierung und Beratung.

Auch sollte sich der Staat von der Vorstellung verabschieden, die Versorgung konkret gestalten zu können. Das können die Selbstverwaltung und der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) besser. Sie sind das Rückgrat der Versorgungsgestaltung. Die Politik sollte dies durch ihre Gesetzgebung unterstützen. Zudem sollte sie den Krankenkassen Instrumente in die Hand geben, die Versorgung beispielsweise durch Ausschreibungen bei Hilfsmitteln oder durch faire und transparente Preissetzungen bei Arzneimitteln patientengerecht und effizient zu steuern. Wir werden mit konstruktiven Vorschlägen bei der neuen Bundesregierung dafür werben, die Weichen für eine moderne und bezahlbare Gesundheitsversorgung zu stellen.

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